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Zoologie

Vögel setzen Intelligenz unterschiedlich ein

Forscher untersuchen Denken bei Papageien und Raben

Rabenvögel © Universität Wien

Sie gebrauchen Werkzeuge zur Futtersuche, verstecken ihre Beute vor Fressfeinden oder lösen einfache Rechenaufgaben. Die außerordentliche Intelligenz von Raben und Papageien ist längst bekannt. Diese Klugheit, die die beiden so unterschiedlichen Vogelgruppen besitzen, hat sich allerdings getrennt voneinander entwickelt. Wie genau die „parallele“ Evolution ablief, ist noch unbekannt. Doch nun gehen Wiener Verhaltensforscher diesem Phänomen nach – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Zusammen mit Ludwig Huber und Gyula Gajdon untersuchen Christian Schloegl und Kurt Kotrschal von der Universität Wien im Rahmen des Projektes „Denken bei Vögeln“ neben den Graupapageien auch die Papageienart Kea. Diese hochsozialen, in Gruppen lebenden Papageien sind sehr intelligent, manipulativ und extrem verspielt. „In unseren Experimenten interessiert uns weniger, was die Vögel erlernen können, sondern vielmehr, was sie bereits können. Eine unserer Grundfragen lautet: Wie gut können die Vögel logische Rückschlüsse ziehen?“

Die zweite Vogelfamilie mit der die Verhaltensforscher arbeiten, ist die Gruppe der Rabenvögel. Insgesamt vier Arten – Kolkraben, Dohlen, Neukaledonische Krähen und Eichelhäher – werden im Rahmen mehrerer Versuchsreihen auf ihre Intelligenz getestet. Hierfür kooperieren die beiden Forscher eng mit der Universität Oxford und der Universität Triest.

Vernetzt und logisch denken

Ob die Vögel logisch kombinieren können, wird folgendermaßen getestet: Sie haben zwei Becher zur Auswahl, aber nur unter einem befindet sich Futter. Den Vögeln wird aber nicht gezeigt, unter welchem Becher sich der begehrte Leckerbissen befindet, sondern wo er sich nicht befindet. So müssen die Tiere den logischen Schluss ziehen, dass sich das Futter folglich unter dem anderen Becher befindet. „Das ist ein klassischer Intelligenztest für Tiere. Menschenaffen schneiden bei diesem Test sehr gut ab, Hunde weniger“, erklärt Schloegl.

Im Rahmen des Projekts haben die Kolkraben besser als Dohlen und Keas abgeschnitten. „Das heißt aber noch nicht, dass Kolkraben generell intelligenter sind. Es kann auch sein, dass genau diese Versuchsanordnung besonders auf ihre Fähigkeiten als Futterverstecker zugeschnitten ist“, so der Verhaltensforscher.

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Graupapagei © Universität Wien

Verstecken, um zu überleben

Die Kolkraben sind klassische Futterverstecker. Sie konkurrieren um Nahrung sowohl mit Artgenossen, aber auch anderen Fressfeinden, wie beispielsweise Wölfen und Aasfressern. „Wenn Kolkraben merken, dass sie beim Futterverstecken beobachtet wurden, suchen sie ein neues Versteck“, erklärt Schloegl: „Daher nehmen wir an, dass sie sich in andere Tiere hineinversetzen können und somit zu einem Perspektivenwechsel fähig sind.“

Ob die hohe Intelligenz von Kolkraben nun exemplarisch für alle Rabenvögel fungieren kann, untersuchen Kotrschal und Schloegl, indem sie Experimente mit drei weiteren Rabenvogelarten durchführen. „Sie alle setzen ihre Intelligenz ganz unterschiedlich ein und ihre Strategien sind abhängig von Lebensraum, Umwelt und der Art der Fressfeinde.“

Sowohl die Rabenvögel als auch die Papageienvögel gleichen sich in ihren besonders hohen kognitiven Leistungen. Doch diese unterscheiden sich in ihrer Ausformung wiederum sehr stark, was die parallele Entwicklung ihrer Intelligenz zeigt.

Evolution der Intelligenz untersucht

Über die Evolution der Intelligenz gibt es derzeit zwei Theorien: Die Adaptivitätstheorie besagt, dass jede Art sehr spezifische Intelligenzleistungen entwickelt. Die General-Intelligence-Hypothese dagegen geht davon aus, dass der evolutionäre Druck, der zur Entwicklung von höherer Intelligenz führte, eine Art genereller Intelligenz hervorbrachte.

„Man kann sich das in etwa wie in einem Werkzeugkasten vorstellen“, so Schloegl: „Bei Adaptivität verfügt jede Art über spezielle Werkzeuge – die einen haben Hammer und Säge, die anderen Hammer und Meißel, etc. – wohingegen General-Intelligence-Verfechter sagen würden, dass alle Arten die gleichen Werkzeuge besitzen.“

Schloegl und sein Team tendieren eher zur speziellen Anpassungstheorie. Genaueres freilich könne er erst nach Ende der Testreihen mit den Vögeln sagen.

(idw – Universität Wien, 16.04.2009 – DLO)

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