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Umwelt

Flugzeuge haben Regenbogen im Schlepptau

Aerodynamische Kondensstreifen: Forscher enthüllen neue Quelle menschengemachter Bewölkung

Manchmal am Himmel sichtbar: Aerodynamische Kondensstreifen © Jeff Well/DLR

Kondensstreifen sind nicht gleich Kondensstreifen. Deutsche Wissenschaftler haben jetzt erstmals beschrieben, wie Kondensstreifen nicht nur aus den Abgasen der Triebwerke, sondern unter bestimmten Bedingungen auch über den Tragflächen von Flugzeugen entstehen. Inwieweit diese neue Klasse von Kondensstreifen – regenbogenfarbene Eiswolken – Einfluss auf den Klimawandel hat, ist unklar, da sie in Klimamodellen bislang nicht berücksichtigt wurde.

Ursache für die anfänglich hauchdünnen Kondensstreifen, die nur unter bestimmten Bedingungen direkt hinter einem Flugzeug in Reiseflughöhe zu beobachten sind, ist der rasante Druckabfall über den Tragflächen eines Flugzeuges. Dadurch sinkt die Temperatur der Luft innerhalb weniger hundertstel Sekunden und es entstehen winzige Eispartikel, vorausgesetzt es befindet sich ausreichend Feuchtigkeit in der Luft.

Entstehungsmechanismus enthüllt

Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen konnten nun den Bildungsmechanismus der aerodynamischen Kondensstreifen erstmals schlüssig erklären. „Wir haben ein physikalisches Modell entwickelt, mit dem wir die Beobachtungen von aerodynamischen Kondensstreifen sehr präzise erklären können“, sagt Professor Bernd Kärcher vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre.

Vereinfacht beschreiben die Forscher die Entstehung der aerodynamischen Kondenswolken so: In der gleichförmigen Strömung über den Tragflächen entstehen kleinste Eispartikel in einer einheitlichen Größe, die, wenn ausreichend Wasserdampf in der Atmosphäre vorhanden ist, zunächst gleichförmig weiter wachsen.

Dieses gleichmäßige Anwachsen ist auch der Grund für die Regenbogenfarben des Kondensstreifens: Gleich hinter dem Flugzeug sind die Eispartikel noch relativ klein und reflektieren vor allem blaues Licht, je größer die Eispartikel werden – je weiter sie vom Flugzeug entfernt sind – desto langwelliger ist das Licht, das sie reflektieren.

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Die Farbe der Kondenswolke verändert sich nach Angaben der Wissenschaftler daher von blau über grün und gelb bis rot. Nach etwa 175 Metern erscheint der Kondensstreifen weiß, weil die Eispartikel nach und nach in die Turbulenzen der Wirbelschleppen hinter dem Flugzeug geraten. Dort wachsen die Eispartikel nicht mehr gleichförmig, sie reflektieren aufgrund ihrer unterschiedlichen Größen das Licht diffus in allen Wellenlängen und erscheinen damit weiß.

Neue Herausforderung für Klimamodelle

Alle durch hochfliegende Flugzeuge verursachten Kondensstreifen sind Eiswolken, so genannte Zirren. Sie erhöhen den Wolkenbedeckungsgrad, verändern die natürliche Zirrusbewölkung und haben damit einen Einfluss auf das Klima. Aerodynamische Kondensstreifen stellen eine bislang unbeachtete anthropogene (menschengemachte) Wolkenquelle dar, die, genau die wie Kondensstreifen aus den Triebwerksabgasen, zur Klimawirkung des Luftverkehrs beiträgt.

„Diese Art der Kondensstreifen gab es zwar schon immer, jetzt muss mit Hilfe von Klimamodellen abgeschätzt werden, wie groß ihr Effekt tatsächlich ist“, sagt Kärcher. Ziel der Forscher ist es, aerodynamische Kondensstreifen in ein Klimamodell, das die globale Klimawirkung des Luftverkehrs bestimmt, zu integrieren. Im Rahmen des DLR-Projektes „klimaverträgliches Lufttransportsystem“ suchen die Wissenschaftler außerdem nach Ansätzen, wie sie die Klimawirkung des Luftverkehrs, zum Beispiel durch geeignete Flugrouten oder Flugzeugkonstruktionen, minimieren können.

Häufig vor allem in den Tropen

Konventionelle Kondensstreifen bilden sich in der Regel, wenn die Umgebungsluft des Flugzeuges kälter als minus 40 Grad Celsius ist. Diese Bedingung ist auf den Reiseflugrouten in den mittleren Breiten und über den Polarkappen häufig erfüllt.

Für die Bildung klimawirksamer aerodynamischer Kondensstreifen muss die Atmosphäre dagegen deutlich wärmer als minus 40 Grad Celsius sein. Nur dann ist in der Luft ausreichend Wasserdampf vorhanden, so dass Eispartikel auf eine nennenswerte Größe anwachsen können. Die DLR-Forscher gehen daher davon aus, dass in den Subtropen und Tropen, wo die Atmosphäre insgesamt wärmer und feuchter ist, aerodynamische Kondensstreifen häufig auftreten.

Da für Flugrouten in diesen Regionen derzeit sehr hohe Wachstumsraten prognostiziert werden, ist eine Abschätzung der Klimawirkung dieser anthropogenen Quelle hoher Bewölkung wichtig.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 03.04.2009 – DLO)

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