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Biotechnologie

Genmais verändert Kuhmilch nicht

Langzeitversuch findet keine negativen Folgen von Genmais-Fütterung

Die Kühe der Versuchsgruppe (im Bild) bekamen im Gegensatz zur Vergleichsgruppe gentechnisch modifizierten Mais zu fressen. © Patrick Gürtler / TUM

Kann gentechnisch veränderter Mais bedenkenlos an Tiere verfüttert werden, die uns Lebensmittel liefern? Viele Verbraucher sind hier skeptisch. Die Ergebnisse eines zweijährigen Experiments könnten diese Sorgen nun entkräften – zumindest was Milchkühe betrifft. Denn Forscher haben herausgefunden, dass die Fütterung von Kühen mit gentechnisch modifiziertem Mais deren Milch offenbar nicht verändert.

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Nach Angaben der Molekularbiologen der Technischen Universität München (TUM) verdauten die Tiere den Genmais genauso wie herkömmlichen Mais und es existieren keinerlei Hinweise auf einen Transfer transgener Komponenten in das Lebensmittel Milch.

MON810, dieses Kürzel steht für transgenen Mais: In das Erbgut einer Sorte wurde ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis eingeschleust, das so genannte cry1Ab-Gen. Dieses ursprünglich artfremde Gen lässt die Maispflanze ein Protein produzieren, dass ihren ärgsten Feind tötet – den auch in Bayern verbreiteten Maiszünsler.

Befürworter halten diesen GM-Mais – GM = genetically modified – für eine elegante Art, auf klassische Insektizide zu verzichten. Doch die Gegner sind skeptisch: Sie befürchten, dass das für den Maiszünsler giftige Cry1Ab-Protein auch Mensch und Säugetier schadet.

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36 Kühe im Dauertest

Ein Team um Professor Heinrich H.D. Meyer vom TUM-Lehrstuhl für Physiologie hat dieses Unbehagen gemeinsam mit Kollegen von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ab Mai 2005 zur entscheidenden Frage einer Fütterungsstudie gemacht: Wie wird das Cry1Ab-Protein und die cry1Ab-DNA aus transgenem Mais von Milchkühen abgebaut?

Um das Futter für die Studie vergleichbar zu halten, baute die LfL herkömmlichen und transgenen Mais speziell an – gesondert, doch unter gleichen Bedingungen. Anschließend wurden auf der LfL-Versuchsstation Grub große Mengen des GM-Mais nach einem festgelegten Plan an 18 Milchkühe verfüttert, 25 Monate lang. Parallel dazu bekam eine Kontrollgruppe von weiteren 18 Kühen konventionelles Maisfutter in gleicher Menge.

Während der über zweijährigen Fütterungsperiode nahmen die Forscher monatlich Proben von Blut, Milch, Exkrementen sowie wöchentlich vom jeweiligen Futter. Zur Analyse entwickelten sie spezielle DNA-Extraktionsverfahren und eine besonders empfindliche Methode zum Aufspüren des Cry1Ab-Proteins. „Aufgrund dieser Verbesserungen der Methodik konnten wir die Nachweisgrenzen viel niedriger ansetzen als alle Wissenschaftler bisher“, betont Meyer.

38.000 Datensätze ausgewertet

Insgesamt haben die Forscher von TUM und LfL über 38.000 Datensätze von 36 Milchkühen ausgewertet. Dabei zeigte sich zunächst: Die verfütterte Maissorte macht in der körperlichen Entwicklung der Tiere keinen Unterschied. Egal, was die Tiere im Langzeit-Experiment fraßen, Milchleistung, Kondition und Gewicht waren bei allen 36 Tieren vergleichbar.

Auch bei näherem Hinsehen scheinen Gesundheit und Fruchtbarkeit – getestet anhand diverser Stoffwechselparameter und dem Gehalt von Schwangerschaftshormonen – stabil: Trotz der relativ hohen Aufnahme an Cry1Ab-Protein von rund 5,3 Milligramm (mg) pro Tag zeigten die mit GM- Mais gefütterten Kühe weder in der Organfunktion noch in der Fruchtbarkeit Unterschiede zur Kontrollgruppe.

Doch kann das Cry1Ab-Protein oder die cry1Ab-DNA aus dem gentechnisch veränderten Mais vielleicht in den Organismus der Kuh übertreten – und damit auch in das Lebensmittel Milch? Nein, so die Forscher nach Analyse der Datenlage: Das Protein ist nicht „stabiler“ im Tier als andere Eiweiße, sondern sogar eher leichter verdaulich.

Kein DNA-Transfer zum Tier

Keine der insgesamt 450 Blutproben ergab Hinweise auf einen Transfer der fremden cry1Ab-DNA oder des Cry1Ab-Proteins vom GM-Mais zum Tier. Insgesamt 900 Milchproben beider Versuchsgruppen bestätigen den Befund: Die Milch der Kühe war zu keinem Zeitpunkt unterscheidbar, auch nicht mit der derzeit besten Technologie.

„Ein Gefährdungspotential von gentechnisch verändertem Mais MON810 in der Verfütterung an Milchkühe ist aus unseren Studienergebnissen nicht ersichtlich“ – davon ist Meyer überzeugt.

(idw – Technische Universität München, 26.03.2009 – DLO)

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