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Neurobiologie

Frauen empfänglicher für „Kindchenschema“

Wirksamkeit des Kindchenschemas anhand von Babyfotos belegt

Kindchenschema-Manipulationen eines Kindergesichts - niedrige, mittlere und hohe Werte (von links nach rechts). © Melanie Glocker

Große schwarze Augen, weiße runde Plüschohren und eine bärige Stupsnase – Eisbärbaby Knut begeisterte Millionen Besucher im Berliner Zoo und weltweit. Aber stimmt das Klischee vom „unwiderstehlichen“ Kindchenschema wirklich? Eine Forscherin hat getestet, wie Erwachsene auf solche Schlüsselreize reagieren – mit einigen aufschlussreichen Erkenntnissen.

Auf das von Konrad Lorenz beschriebene Kindchenschema – rundes Gesicht, große Augen, hohe Stirn, kleine Nase, kleiner Mund – reagieren Menschen über alle Kulturen und Altersklassen hinweg. Kinder, die stärker dem Kindchenschema entsprechen, werden durch den Schlüsselreiz als niedlicher wahrgenommen. Das motiviert eher zu Fürsorgeverhalten. „Knut ist ein super Beispiel für das Kindchenschema“, sagt Melanie Glocker, die derzeit am Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie bei Professor. Norbert Sachser an der Universität Münster promoviert.

Manipulierte Kinderfotos als Testobjekt

Die Wissenschaftlerin untersuchte die Reaktion auf dieses Schema allerdings nicht an Knut, sondern durch eine bislang einmalige Studie anhand von Kinderfotos. „Das Kindchenschema wurde bereits seit den 60er Jahren untersucht, doch wurden nur sehr vereinfachte Zeichnungen von Kindern als Forschungsgrundlage verwandt. Diese sind nicht realistisch genug, um die Kindchenschematheorie ausreichend zu untermauern“, sagt Glocker, die geschlechterspezifische Unterschiede in der Niedlichkeitswahrnehmung und der Fürsorgemotivation

untersucht hat.

Die Doktorandin entwickelte an der Universität von Pennsylvania in den USA ein Verfahren, um das Kindchenschema in Fotografien von Kindergesichtern zu manipulieren. Mithilfe von so genannten anthropometrischen Methoden vermaß sie zunächst die Kindchenschemamerkmale in 40 Portraits von Kindern im Alter von sieben bis 13 Monaten. Dazu bestimmte sie zum Beispiel das Verhältnis der Augenweite zur Gesichtsweite oder der Nasenlänge zur Kopflänge. „Auf diese Weise wurde das Kindchenschema objektiv quantifiziert“, sagt die Doktorandin.

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Anhand dieser Messungen konnte sie über- und unterdurchschnittliche Abweichungen im Kindchenschemagehalt berechnen. Die Ergebnisse dieser Vermessungen dienten dann als Richtlinie für die anschließende Manipulation von siebzehn Kinderfotos mit Hilfe von „Morphing Software“. Durch diese Bildbearbeitung standen neben dem Foto in der Originalversion auch Fotos mit höheren und niedrigeren Kindchenschemawerten – also zum Beispiel größeren beziehungsweise kleineren Augen – zur Verfügung.

Frauen reagierten stärker

Sowohl weibliche als auch männliche Versuchspersonen fanden die Gesichter mit hohen Kindchenschemawerten niedlicher als die Gesichter mit durchschnittlichen und niedrigen Kindchenschemawerten.“Interessant ist auch Folgendes: Frauen sind eher bereit, sich um die ,süßeren‘ Kinder stärker zu kümmern als um die ,durchschnittlichen‘. Bei Männern ändert sich das Verhalten nicht“, so Glocker.

(Universität Münster, 24.03.2009 – NPO)

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