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Neurobiologie

Augen schließen aktiviert „Screensaver“ im Gehirn

Leerlaufaktivität des Gehirns bei Abwesenheit von äußeren Reizen analysiert

Selbst wenn wir unsere Augen geschlossen haben, summen unsere Sehzentren im Gehirn vor Aktivität. Warum wir trotz dieser Signale keine Trugbilder oder Pseudoreize wahrnehmen, haben jetzt amerikanische und israelische Wissenschaftler aufgeklärt. Wie sie in „Nature Neuroscience“ berichten, gleicht diese Ruheaktivität einer Art „Screensaver“.

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Bereits in den letzen Jahren haben Forscher mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) herausgefunden, dass die Gehirnaktivität in den für Sinnesreize zuständigen Regionen, keineswegs abnimmt, wenn keine Reize von außen vorhanden sind. Stattdessen bleibt sie ähnlich hoch. Was aber geschieht dabei in Sehzentrum, Riechzentrum und den anderen Arealen? Und wie unterscheidet sich diese Leerlauf-Aktivität von der Verarbeitung aktiver Reize?

Was macht das Gehirn im Leerlauf?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, nutzten Wissenschaftler des Weizman Instituts in Tel Aviv, der Universität von Kalifornien in Los Angeles und dem Tel Aviv Sourasky Medical Center nun eine direktere Form der Untersuchung. Denn das fMRI kann die Gehirnaktivität nur indirekt ermitteln, es fängt nicht die feinen Abweichungen in den elektrischen Signalen ein, die die Neuronenaktivität charakterisieren.

Die Forscher analysierten für ihre Studie EEG-Daten, die während intensiver Tests von Epilepsie-Patienten gewonnen wurden. Diese beinhalten zahlreiche Messungen neuronaler Pulse in verschiedenen Teilen ihres Gehirns im Laufe der Diagnose und der Behandlung ihrer Erkrankung. Aus diesen Daten geht hervor, dass tatsächlich auch bei Abwesenheit von äußeren Reizen die neuronale Aktivität in den Sinnesarealen nicht nachlässt.

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Neuronaler „Screensaver“

Allerdings unterschiedet sich die Art dieser Aktivität deutlich: Während die elektrischen Ableitungen bei der Verarbeitung von Sinnesreizen durch kurze, schnelle Ausbrüche der Aktivität als Reaktion auf den Reiz gekennzeichnet sind, zeigen die Ableitungen im Ruhezustand nur sehr langsame Fluktuationen. Die Forscher vergleichen diese Wellen einer Art „screensaver“ auf einem Computerbildschirm. Sie sind dann am stärksten, wenn wir am meisten von allen Sinneseindrücken abgekoppelt sind: im tiefen, traumlosen Schlaf.

Warum ruht das Gehirn nicht?

Während diese Unterschiede erklären, warum wir mit geschlossenen Augen keine Trugbilder sehen, ist aber noch nicht klar, warum das Gehirn in solchen Phasen überhaupt aktiv ist, statt zu ruhen. Die Wissenschaftler schlagen dafür eine Reihe von möglichen Gründen vor. Zum einen könnte es sein, dass Neuronen einer Art „ich denke also bin ich“-Prinzip folgen. Ihr Überleben wäre dan abhängig von einer konstanten Aktivität.

Eine andere Möglichkeit wäre die Leerlaufaktivität als eine Vorbereitung zum schnellen Starten zu sehen. Ähnlich wie ein Auto mit laufendem Motor schneller in Fahrt kommt als wenn dieser erst angeworfen werden müsste. „Der alte Ansatz ging davon aus, dass unsere Sinne erst durch äußere Reize angeschaltet werden“, erklärt Yuval Nir vom Weizman Institut. „Er ist nun einem neuen Paradigma gewichen, nachdem das Gehirn ständig aktiv ist und die Reize diese Aktivität nur verändern und formen.“

(Weizmann Institut, 11.02.2009 – NPO)

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