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Chemie

Schweres Pyridin kristallisiert anders

Deuteriertes Pyridin zeigt neue Kristallform

Der Kern gewöhnlicher Wasserstoffatome besteht nur aus einem Proton. Kommt zusätzlich ein Neutron dazu, spricht man von Deuterium. Moleküle, die Deuterium statt Wasserstoff enthalten, sind im Prinzip chemisch identisch. Dennoch kann es gravierende Unterschiede geben. So ist etwa „schweres Wasser“, also Wassermoleküle, die statt Wasserstoff Deuterium enthalten, giftig, denn es stört die hochempfindlichen biochemischen Prozesse im Körper und führt zum Stoffwechselversagen. Wie Forscher jetzt berichten, zeigt Pyridin, wenn seine Wasserstoffatome durch Deuterium ersetzt werden, eine zusätzliche Kristallform.

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Bei „normalem“ Pyridin konnte diese bisher nur unter hohem Druck erhalten werden, so die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“. Möglicherweise könnten die minimalen Unterschiede, die für derartige Effekte verantwortlich sind, auch für eine Verbesserung der Eigenschaftspalette pharmazeutischer Wirkstoffe herangezogen werden.

Sechsring aus Kohlenstoff- und Stickstoffatomen

Pyridin ist ein Sechsring aus fünf Kohlenstoffatomen und einem Stickstoffatom. Die Kohlenstoffatome tragen je ein Wasserstoffatom. Diese können durch Deuterium ersetzt werden. Forscher um Roland Boese von der Universität Duisburg-Essen entdeckten, dass sich deuteriertes Pyridin bei etwa minus 85 °C in einer anderen Kristallstruktur gewinnen lässt als diejenige, in der Pyridin normalerweise auskristallisiert.

Parallel stellten britische Forscher um Simon Parsons fest, dass nichtdeuteriertes Pyridin unter hohem Druck ebenfalls diese Kristallstruktur einnimmt, da sie ein geringeres Volumen aufweist als die gewöhnliche Struktur.

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Durch den Wechsel von Wasserstoff zu Deuterium verändert sich offenbar die Stärke von Wechselwirkungen zwischen einzelnen Atomgruppierungen benachbarter Moleküle, so dass andere Konstellationen energetisch günstiger werden. Derartige Wechselwirkungen zwischen Atomgruppen spielen auch eine wichtige Rolle für Pharmaka, etwa wenn sich ein Wirkstoff in die Bindetasche eines Enzyms einlagern soll. Kleine Nuancen können hier deutliche Veränderungen in der Wirksamkeit verursachen.

Ausgangsstoff für Pharmaka

Das ist auch der Grund, warum sich Boese und sein Team so für das deuterierte Pyridin interessieren: Pyridin ist ein wichtiger Ausgangsstoff für Pharmaka und sein Grundgerüst ist in sehr vielen Medikamenten enthalten. Boese hält es für sehr wahrscheinlich, dass sich durch Deuterieren Wirkstoffvarianten entwickeln lassen, die spezifischer wirken oder weniger Nebenwirkungen haben als ihre konventionellen Vorbilder.

(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 09.01.2009 – DLO)

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