Frankfurter Atmosphärenforscher fahnden seit einiger Zeit nach bestimmten Aerosolpartikeln in Wolken. Ohne diese so genannten Eiskeime gibt es keinen Regen. Ihre Erkenntnisse sollen dazu beitragen, menschliche Einflüsse auf das Klima besser zu verstehen und auch die Präzision von Wettervorhersagen zu erhöhen.
Nur etwa jede zehnte Wolke regnet aus. Die winzig kleinen Wolkentröpfchen werden meist nicht schwer genug, um zur Erde zu fallen. Damit sie auf ein Vielfaches ihrer Größe anwachsen können, benötigen sie Eiskeime. Und diese gibt es nur, wenn geeignete Aerosolpartikel in der Atmosphäre sind. Sie bieten die notwendige feste Oberfläche für das Wachstum des Eiskristalls.
Interessanterweise wirkt nur etwa eines von mehreren 10.000 Aerosolpartikeln als Eiskeim. Was sie auszeichnet, haben Atmosphärenforscher der Universität Frankfurt um Professor Joachim Curtius und Heinz Bingemer innerhalb des Sonderforschungsbereichs „TROPEIS“ untersucht.
Eiskeimzähler im Einsatz
Wie die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten, konstruierten sie dazu zusammen mit Kollegen aus Mainz den schnellen Eiskeimzähler FINCH. Er besteht aus einem Strömungsreaktor, in dem die Zustände in einer Wolke simuliert werden. Leitet man nun vor Ort eine atmosphärische Probe ein, kann man die entstehenden Eiskristalle direkt und in der Luft schwebend mit einer Spezialoptik zählen.
Diese Messmethode wird beispielsweise auf dem neuen Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) im kommenden Jahr erstmals zum Einsatz kommen. Wollen die Forscher dagegen die mittlere Eiskeimkonzentration der Luft messen, dann reichern sie eine Probe des atmosphärischen Aerosols auf einem Probenträger an und analysieren diesen danach im Eiskeimzähler FRIDGE im Labor.
Aus Messreihen mit dem neu entwickelten System am Observatorium auf dem Kleinen Feldberg im Taunus wissen die Atmosphärenforscher inzwischen recht genau, woher die Eiskeime stammen. Beispielsweise zeichneten sie als markantes Ereignis eine Saharastaub-Episode vom 28. bis 30. Mai 2008 auf, die ihre Auswirkungen bis nach Deutschland hatte: Während dieser Tage lagen die Spitzenwerte der Eiskeimkonzentration etwa zehn Mal so hoch wie sonst üblich.
Natürliche Mineralstaubpartikel als Eiskeime
Zwei größere Messkampagnen führten die Forscher auch auf der hochalpinen Forschungsstation Jungfraujoch aus. Die in 3.580 Metern Höhe auf dem Bergsattel zwischen den Gipfeln von Jungfrau und Mönch gelegene Station ist im Winter häufig in Wolken gehüllt, so dass direkte Messungen in Mischphasenwolken möglich sind. Da die Eiskeime so selten und so klein sind, konnten in einem Zeitraum von etwa vier Wochen nicht mehr als 350 einzelne Eiskeime analysiert werden.
Die Messungen zeigen, dass vor allem natürliche Mineralstaubpartikel als atmosphärische Eiskeime wirken. Elemente wie Silizium, Kalzium, Aluminium und deren Oxide treten besonders häufig als Eiskeime auf, während sie nur einen kleinen Teil des Hintergrundaerosols ausmachen.
Die Forscher fanden aber auch Hinweise auf Partikel, die aus anthropogenen Quellen stammen. Mit erhöhter Häufigkeit enthalten diese zum Beispiel Schwermetalle. Weiterhin wurde eine Gruppe stark kaliumhaltiger Teilchen identifiziert, die entweder mineralischen Ursprungs sind oder aus der Verbrennung von Biomasse stammen.
Eiskeime aus Menschenhand
Als Nächstes wollen Curtius und seine Kollegen untersuchen, ob Eiskeime, die durch den Menschen verursacht in die Atmosphäre gelangen, tatsächlich die Eigenschaften der Wolken verändern und so den Niederschlag und das Klima beeinflussen. Dies ist sowohl auf der regionalen als auch auf der globalen Skala von großem Interesse.
Auf regionaler Ebene könnte dies Einfluss auf den Niederschlag im Lee von Ballungsräumen und Industriegebieten haben. Auf der globalen Ebene reichen manchmal schon kleine Veränderungen der mittleren Eiskeimkonzentrationen und ihrer Eigenschaften aus, um signifikante Änderungen der Strahlungseigenschaften und der Lebensdauer der Wolken hervorzurufen. Und das hätte einen direkten Einfluss auf das Erdklima, so die Wissenschaftler.
(idw – Universität Frankfurt am Main, 19.12.2008 – DLO)