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Astronomie

Weißer Zwerg viel heißer als gedacht

Forscherteam errechnet Temperatur von rund 200.000 Grad Celsius

Die leuchtschwächsten Sterne in dieser Aufnahme des Kugelsternhaufens M4 sind weiße Zwerge. © NASA / H. Richer / University of British Columbia

Der Weiße Zwerg mit der nüchternen Bezeichnung KPD 0005+5106 ist mit einer Oberflächentemperatur von rund 200.000 Grad Celsius einer der heißesten bekannten Sterne. Dies hat ein internationales Wissenschaftlerteam mit Hilfe des FUSE-Weltraumteleskops (Far-Ultraviolet Spectroscopic Explorer) der US-Weltraumbehörde NASA heraus gefunden.

KPD 0005+5106 ist so heiß, dass seine Photosphäre Emissionslinien im Ultraviolettspektrum zeigt, ein Phänomen, das bisher nicht bekannt war, so die Forscher in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“. Diese Emissionen stammen von extrem ionisiertem Kalzium – neunfach ionisiert, also Ca X -, das die höchste Ionisationsstufe eines chemischen Elements darstellt, die jemals im Photosphärenspektrum eines Sterns gefunden wurde.

Nicht größer als die Erde

Sterne mittlerer Masse, entsprechend ein bis acht Sonnenmassen, beenden ihr Leben nach der Erschöpfung ihres nuklearen Energievorrats als Weißer Zwerg, einem Objekt von der Größe der Erde. Während der Übergangsphase von einem kernfusionierenden Stern zum Weißen Zwerg wird der Stern sehr heiß.

Viele solcher Objekte mit Oberflächentemperaturen um 100.000 Grad Celsius sind bekannt. Sternentwicklungstheorien sagen vorher, dass die Sterne viel heißer werden können. Allerdings ist die Chance sehr gering, sie in diesem heißen Stadium zu finden, da diese Phase relativ kurzlebig ist.

Seit seiner Entdeckung als lichtschwacher blauer Stern hat KPD 0005+5106 die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Die optischen Spektren, die mit bodengebundenen Teleskopen aufgenommen wurden, wiesen bereits darauf hin, dass dieser Weiße Zwerg sehr heiß ist.

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Helium dominiert Atmosphäre

Weiterhin gehört er einer besonderen Klasse seltener Weißer Zwerge an, deren Atmosphären von Helium dominiert werden. Eine genaue Auswertung dieser Spektren, kombiniert mit Beobachtungen im ultravioletten Bereich mit dem Hubble-Weltraumteleskop, führte zu dem Schluss, dass KPD 0005+5106 eine Temperatur von rund 120.000 Grad Celsius hat, die ihn zum heißesten Mitglied seiner Klasse machte.

Allerdings erfuhr er diesbezüglich Konkurrenz durch ähnlich heiße Weiße Zwerge, die in der Himmelsdurchmusterung „Sloan Digital Sky Survey“ vor einigen Jahren gefunden wurden.

Beobachtungen im Ultraviolettbereich

Das FUSE-Observatorium führte nun spektroskopische Beobachtungen im fernen Ultraviolettbereich durch, der dem Hubble-Teleskop unzugänglich ist. Während seiner Betriebsdauer (1999-2007) hat FUSE KPD 0005+5106 wiederholt beobachtet. Denn der Stern wurde als Kalibrationslichtquelle genutzt, um das Leistungsvermögen des Observatoriums zu überwachen.

Professor Klaus Werner und Thomas Rauch vom Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen haben in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Astronomen Jeffrey Kruk von der Johns Hopkins University diese gesammelten Beobachtungen genutzt, um einen Datensatz mit außergewöhnlich hoher Qualität zu erstellen.

Eine eingehende Untersuchung enthüllte die Anwesenheit zweier Emissionslinien von Kalzium. Eine genaue Modellierung der Sternatmosphäre bestätigte den photosphärischen Ursprung dieser Linien. Die Analyse beweist, dass die Temperatur 200.000 Grad Celsius betragen muss, um diese Emissionslinien überhaupt zu erzeugen.

Sternentwicklungsmodelle widerlegt?

Obwohl die Theorie die Existenz so heißer Weißer Zwerge vorhergesagt hat, stellt der Stern jedoch wegen seiner chemischen Zusammensetzung eine Herausforderung für die wissenschaftlichen Vorstellungen der Sternentwicklung dar.

Die gemessene Kalziumhäufigkeit – ein- bis zehnfacher Wert dessen, was wir in der Sonne sehen – in Kombination mit der heliumreichen Natur seiner Atmosphäre stellt eine chemische Zusammensetzung dar, die nach Angaben der Wissenschaftler von Sternentwicklungsmodellen nicht vorhergesagt wird.

(idw – Universität Tübingen, 15.12.2008 – DLO)

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