Anzeige
Neurobiologie

Schlüsselmolekül für chronische Epilepsie identifiziert

Zellschädigungen Ursache für Ausbildung der Krankheit

Schon ein einziger epileptischer Anfall kann einen Prozess in Gang setzen, an dessen Ende die Schädigung bestimmter Hirnareale steht. Diese bahnen dann wiederum den Weg für weitere Anfälle. Welche Prozesse dazu im Einzelnen führen, war bislang jedoch weitgehend unbekannt. Ein internationales Forscherteam hat nun in einer neuen Studie eine Erklärung für das Phänomen gefunden.

{1r}

Wie die Wissenschaftler im „Journal of Neuroscience“ berichten, identifizierten sie ein Schlüsselmolekül, das dafür verantwortlich sein könnte. Es handelt sich dabei um den Baustein eines so genannten Kalziumkanals. Kalziumkanäle sind „Schleusen“ in den Nervenzellen, die geladene Kalzium-Ionen durchlassen. Sie spielen bei der Informationsverarbeitung im Gehirn eine wesentliche Rolle.

Nervenzellen gehen zu Grunde

Nach einem Krampfanfall fahren Nervenzellen die Produktion dieses Kanal-Bausteins hoch. Dadurch verändert sich einerseits ihr elektrisches Verhalten. Andererseits scheinen diese Änderungen aber auch dazu zu führen, dass in bestimmten Hirnzentren massenhaft Nervenzellen zu Grunde gehen.

„Diese Zellschädigungen sind die Ursache dafür, dass eine chronische Epilepsie entsteht“, erklärt Professor Dr. Albert Becker vom Institut für Neuropathologie der Universität Bonn.

Anzeige

Bei Mäusen, denen das Gen für den entsprechenden Baustein des Kalzium- Kanals fehlt, blieben die Nervenzellen dagegen intakt. Dementsprechend entwickelten die Tiere weitaus seltener eine chronische Epilepsie.

Medikamente sollen Bildung des Kanalbausteins drosseln

„Unsere Ergebnisse haben daher möglicherweise auch klinische Relevanz“, betont der Bonner Epileptologe Professor Dr.

Heinz Beck, der zusammen mit US-Kollegen und Medizinern aus Israel für die neue Studie verantwortlich war. „Wir könnten beispielsweise nach einem ersten Krampfanfall durch Gabe geeigneter Medikamente versuchen, die Bildung des Kanalbausteins zu drosseln. Eventuell ließe sich so verhindern, dass weitere Anfälle folgen.“

Epilepsie ist weltweit eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. In Deutschland sind etwa 0,5 bis ein Prozent aller Menschen betroffen. Oft lässt die Krankheit sich gut mit Medikamenten in den Griff bekommen. In sehr schweren Fällen erleiden die Betroffenen jedoch täglich Dutzende bis Hunderte von Krampfanfällen. Damit ist es ihnen unmöglich, ein auch nur annähernd normales Leben zu führen.

(idw – Universität Bonn, 11.12.2008 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Fusionsplasma

37 Millionen Grad im Fusionsplasma

Voyager 1 sendet wieder

„Anti-Aging-Geheimnis“ der Geiseltal-Frösche gelüftet

Video: Flug über einen außerirdischen Lavasee

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Was treibt das Leben an? - Eine Reise in den Mikrokosmus der Zelle von Stephan Berry

Medizin für das Gehirn - Hrsg. Spektrum der Wissenschaft

Eine kurze Reise durch Geist und Gehirn - von Vilaynur S. Ramachandran

Descartes' Irrtum - Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn von Antonio R. Damasio

Der Beobachter im Gehirn - Essays zur Hirnforschung von Wolf Singer

Die neue Welt der Gene - Visionen - Rätsel - Grenzen von Joachim Bublath

Dolly - Der Aufbruch ins biotechnische Zeitalter von Colin Tudge, Ian Wilmut & Keith Campbell

Top-Clicks der Woche