Anzeige
Medizintechnik

Intelligente Linse ersetzt Lesebrille

Wissenschaftler entwickeln anpassungsfähiges Implantat für Nah- und Fernsehen

Intelligente Lesehilfe: Im Augen-Modell simuliert ein Implantat die Brechkraft-Änderung der Linse bei unterschiedlichen Sehweiten. © Forschungszentrum Karlsruhe

Rund 1,3 Milliarden Menschen weltweit leiden unter Altersweitsichtigkeit. Etwa ab dem vierzigsten Lebensjahr verschlechtert sich das Nahsehen, weil das Auge Objekte in nächster Nähe nicht mehr scharf abbilden kann. Verantwortlich dafür ist die nachlassende Elastizität der Linse. Wissenschaftler entwickeln nun ein intelligentes Implantat, das diese Ermüdungserscheinung ausgleichen soll.

{1r}

Wenn eine Armeslänge nicht mehr ausreicht, um die Zeitung zu lesen, hilft normalerweise eine Lesebrille dem nachlassenden Sehvermögen auf die Sprünge. Diese Ersatzleistung wollen Wissenschaftler des Instituts für Angewandte Informatik (IAI) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun in das Auge hinein verlagern und mit einem intelligenten System die kontinuierliche Brechungsleistung der Linse ersetzen.

Die Vision der Wissenschaftler: Eine Optik mit intelligenten Materialien, die sich an die unterschiedlichen Bedingungen des Nah- und Fernsehens anpasst. „Innerhalb von fünf Jahren wollen wir einen Prototyp entwickeln und die Grundlagen für ein Implantat schaffen“, kündigt Professor Georg Bretthauer vom IAI an.

Das menschliche Auge ist ein optisches System. Es lenkt einfallendes Licht auf dem Weg von der Hornhaut bis zur Netzhaut auf der Rückseite des Auges so ab, dass auf der Netzhaut ein scharfes Abbild des anvisierten Objektes entsteht. Um sich auf unterschiedlich entfernte Objekte einzustellen, muss das Auge sein Brechungsverhalten anpassen. Dazu verändert der Ziliarmuskel die Form und Lage der Augenlinse.

Anzeige

Anpassung an verschiedene Sehweiten lässt nach

Beim Blick in die Ferne hat die Linse eine flachere Form und dadurch eine niedrigere Brechkraft. Je näher das Objekt rückt, desto mehr nimmt die Linse eine kugeligere Gestalt mit einer höheren Brechkraft an. Diese so genannte Akkommodation, das heißt die Anpassung an verschiedene Sehweiten, lässt mit den Jahren nach und verschwindet im Alter im Fall der Altersweitsichtigkeit fast völlig, da die Linse ihre Elastizität verliert.

Das künstliche Akkommodationssystem der KIT-Wissenschaftler soll die nachlassende Sehleistung kompensieren. Es benötigt dazu mehrere Komponenten: ein aktiv-optisches Element mit Aktorik, einen Sensor zur Erfassung des Akkommodationsbedarfs sowie eine Steuerung und Energieversorgung.

Prototyp wird entwickelt

Zurzeit entwickeln die KIT-Wissenschaftler die Grundlagen für das Aktorsystem, das Energieversorgungssystem und für die Systemintegration. Für die anderen Komponenten liegen bereits wesentliche Ergebnisse vor, die ein Demonstrator veranschaulicht, der das menschliche Auge im Maßstab 5:1 abbildet.

Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit der Universitäts- Augenklinik in Rostock durchgeführt. Beteiligt sind außerdem ab 2009 als Industriepartner die Firmen Carl Zeiss Meditec und Wittenstein, die gemeinsam mit dem KIT und der Universität Rostock in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekt einen entsprechenden Prototyp entwickeln werden.

(idw – Karlsruher Institut für Technologie, 15.10.2008 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

News des Tages

Bücher zum Thema

Die Geschichte der Medizin - Von der Antike bis zur Gegenwart von Bernt Karger-Decker

Medizin für das Gehirn - Hrsg. Spektrum der Wissenschaft

Maschinen mit Bewusstsein - Wohin führt die künstliche Intelligenz? von Bernd Vowinkel

Projekt Zukunft - Die Megatrends in Wissenschaft und Technik von Hans-Jürgen Warnecke

Top-Clicks der Woche