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Neurobiologie

Wie Nerven-Netzwerke „ticken“

Bernstein Preis für Neurowissenschaftlerin Susanne Schreiber aus Berlin

Die 32-jährige Neurowissenschaftlerin Susanne Schreiber von der Humboldt-Universität in Berlin erhält in diesem Jahr den mit 1,25 Millionen Euro dotierten Bernstein Preis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Schreiber erforscht die biophysikalischen Eigenschaften von Nervenzellen und untersucht, auf welche Weise ganze Netzwerke von Nervenzellen synchronisierte Signale aussenden können.

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Die Wissenschaftlerin verfolgt dabei die Hypothese, dass die Aktivität des Gehirns und damit jedes Denken und Handeln letztendlich von den molekularen Eigenschaften einzelner Nervenzellen bestimmt wird.

„Der Bernstein Preis ist zu einer renommierten Auszeichnung geworden. Wir fördern damit die besten Talente“, sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan. „Mit Susanne Schreiber ist eine hervorragende junge Wissenschaftlerin von der internationalen Jury ausgezeichnet worden.“ Schreiber hat in Berlin Biophysik studiert und nach Forschungsaufenthalten an renommierten Instituten im Ausland 2004 an der Humboldt-Universität promoviert. Als Bernstein Preisträgerin wird sie eine eigene Arbeitsgruppe in Berlin aufbauen.

Schreiber erhält so hervorragende Startbedingungen, um eigene Forschungskonzepte zu realisieren und sich für die Übernahme von Führungspositionen in der Forschung zu qualifizieren.

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Grundbausteine des Nervensystems

Neurone sind die Grundbausteine des Nervensystems. Jede Aktivität des Gehirns – jede Wahrnehmung und jede Erinnerung – beruht auf ihrer elektrischen Aktivität. Jede Zelle verrechnet die Signale, die sie von anderen Nervenzellen erhält. Ob und wann sie selbst einen Impuls aussendet, hängt von dieser Berechnung ab.

Aber nicht jede Zelle rechnet gleich: Einige Neurone geben ganze Salven von Impulsen in kurzer Folge ab, während andere ihre Impulse in regelmäßigen Abständen senden. Manche Zellen wiederum senden in einem bestimmten Rhythmus Signale, sie haben eine Eigenresonanz. Diese Antworteigenschaften der Nervenzellen werden von so genannten Ionenkanälen bestimmt. Das sind Moleküle in der Zellmembran, die die Durchlässigkeit der Membran für elektrische Ladungen regulieren.

Funktion von Ionenkanälen besser verstehen

Ein Forschungsziel von Schreiber ist es nun, diesen Zusammenhang zwischen den Ionenkanälen und den Antworteigenschaften der Zellen zu verstehen. Im Gehirn sind viele Neurone in einem komplexen Netzwerk miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Oft senden größere Gruppen von Neuronen in einem gemeinsamen Rhythmus Impulse aus, sie geraten durch gegenseitige Beeinflussung in eine kollektive Oszillation. Solch ein rhythmisches Verhalten ist für viele Funktionen des Nervensystems essentiell, so zum Beispiel für das Speichern von Erinnerungen.

Schreiber untersucht, welche Mechanismen dazu führen, dass Netzwerke synchron oszillieren und was die Zellen befähigt, einen Takt zu halten. Wie prägen die Antworteigenschaften, wie zum Beispiel die Eigenresonanz einzelner Zellen, die Synchronisation des Netzwerks? Welche Fehler machen Zellen, wenn sie außer Takt geraten? Bei einigen neuronalen Erkrankungen, wie bei der Epilepsie, treten pathologische synchrone Schwingungen auf. Schreibers Arbeiten werden dazu beitragen, besser zu verstehen, wie Fehler in der molekularen Beschaffenheiten der Zellen solche Krankheiten verursachen.

Nationales Netzwerk für Computational Neuroscience

Der zum dritten Mal verliehene Preis ist Teil des „Nationalen Netzwerks für Computational Neuroscience“, das vom BMBF mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 100 Millionen Euro unterstützt wird. Den Kern bilden die vier Bernstein Zentren in Berlin, Freiburg, Göttingen und München. Namensgeber ist der deutsche Physiologe Julius Bernstein (1839-1917).

(BMBF, 14.10.2008 – DLO)

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