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Paläontologie

Riesige Ur-Vögel segelten über England

Schädelfund liefert neue Erkenntnisse über entfernte Verwandte der Enten und Gänse

Künstlerische Rekonstruktion des riesigen "Pseudozahn-Vogels" © Ludger Bollen, "Der Flug des Archaeopteryx", Quelle+Meyer Vlg.

Ein 50 Millionen Jahre alter Schädelfund offenbart, dass einst riesige Vögel mit einer Flügelspannweite von fünf Metern über die Gewässer flogen, von denen London, Essex und Kent zu der Zeit bedeckt waren. Die entfernten Verwandten der heutigen Enten und Gänse waren Hochseeflieger und mit einem für Vögel absonderlich erscheinenden Merkmal ausgestattet: ihre Schnäbel waren mit einer Art knöcherner „Zähne“ versehen.

Entdeckt wurde der bisher besterhaltene Schädel der ausgestorbenen Gattung Dasornis auf der Isle of Sheppey, etwa 40 Kilometer östlich von London. Das Vorkommen der mit knöchernen Pseudo-Zähnen ausgestatteten Vögel in den Fossillagerstätten des London Clay ist schon länger bekannt. Jedoch zeigt das soeben im englischen Fachjournal „Paleontology“ beschriebene Fossil aus Südostengland neue anatomische Details.

Entfernte Vorfahren von Enten und Gänsen

Mit ihrer enormen Flügelspannweite ähnelten die seltsam anmutenden Kreaturen den uns bekannten Albatrossen, die die größte Flügelspannweite heute lebender Vögel haben. Trotz der Ähnlichkeit in der Lebensweise und obwohl die ausgebreiteten Flügel von Dasornis anderthalb Meter mehr gemessen haben, als die des größten heutigen Albatrosses, zeigt sich, dass Dasornis und seine fossile Verwandtschaft entfernte Vorfahren unserer heutigen Enten und Gänse sind.

„Stellen Sie sich eine segelnde Riesengans vor, die fast die Größe eines kleinen Flugzeugs hat. Verglichen mit Vögeln, die wir heute kennen, waren das ziemlich bizarre Tiere. Das Außergewöhnliche an ihnen ist aber, dass sie entlang der Schneidekante ihrer Schnäbel scharfe, Zahn-ähnliche Knochenvorsprünge hatten“, erklärt Gerald Mayr vom Forschungsinstitut Senckenberg.

Schädel von Dasornis, die fossile Art und eine Rekonstruktion des Schädels © Fred Clouter (s. a. www.sheppeyfossils.com)

Zahnähnlichen Strukturen neu erfunden

„Wie alle heute lebenden Vögel hatte auch Dasornis einen Schnabel aus Keratin, das ist die gleiche Substanz, die sich in unseren Haaren und Fingernägeln findet. Aber Dasornis hatte zusätzlich diese knöchernen Pseudo-Zähne. Heute lebende Vögel haben keine echten Zähne, die aus Dentin und Zahnschmelz bestehen, da ihre entfernten Vorfahren sie vor mehr als 100 Millionen Jahren verloren haben. Vermutlich um Gewicht zu sparen und so das Fliegen zu erleichtern“, so Mayr weiter. „Die mit solchen knöchernen Pseudo-Zähnen ausgestatteten Vögel, wie Dasornis, bilden eine Ausnahme. Durch die Entwicklung dieser knöchernen Fortsätze haben sie die zahnähnlichen Strukturen quasi wieder neu erfunden.“

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Die Frage ist, warum Dasornis diese Pseudo-Zähne hatte. „Das hat mit der Ernährung zu tun“, erklärt der Paläontologe, „sehr wahrscheinlich haben diese Vögel im Flug Fische und Kalmare von der Meeresoberfläche abgefischt. Mit einem gewöhnlichen Schnabel wäre es schwierig gewesen, die Beute zu halten. Die ‚Zähne‘ haben verhindert, dass der Fang wegrutscht.“

(idw – Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg, 29.09.2008 – DLO)

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