Menschen sind nicht die einzigen, die fette Nahrung mögen – auch Bartgeier bevorzugen Fett. Eine Studie hat ergeben, dass Bartgeier weniger energiereiche Knochen meiden und sich zum eigenen Verzehr und zum Füttern der Jungtiere nur auf Knochen mit dem höchsten Fettgehalt stürzen. Seine Erkenntnisse werden in dieser Woche in der Springer-Fachzeitschrift Behavioral Ecology and Sociobiology veröffentlicht.
Der Bartgeier ist das einzige Wirbeltier, das sich vorzugsweise von Knochen ernährt und bis zu 28 Zentimeter lange und vier Zentimeter breite Knochen verzehren kann. Aus ökologischer Sicht macht dies Sinn, denn Säugetierknochen haben aufgrund ihres hohen Fettgehalts tatsächlich einen höheren Energiegehalt als Muskelgewebe.
„Knochenschmiede“ als Fraßhilfe
Um die Nahrung leichter aufnehmen und befördern zu können, zerschlägt der Bartgeier große Knochen auf harten, auch „Knochenschmiede“ genannten Oberflächen. Er lässt die Knochen aus der Luft fallen, bis sie in Teile zerbrechen, die klein genug sind, um verschluckt oder transportiert zu werden. Bartgeier sind einige der wenigen Tierarten, die ihre Jungen nicht durch Herauswürgen der Nahrung füttern, sondern Beutereste mit ihren Klauen oder Schnäbeln aufnehmen und zu den Jungtieren im Nest bringen.
Auswahl der Knochen nach dem Fettgehalt?
Antoni Margalida von der Bearded Vulture Study and Protection Group in El Pont de Suert, Spanien, untersuchte in seiner Studie die in den Gebirgen der Pyrenäen in Spanien lebenden Bartgeier. Der Autor ist der Überzeugung, dass diese karge Landschaft den hohen Energiebedarf der Geier erklärt und sie deshalb kleinere energiehaltigere Knochen bevorzugen. Hierdurch stellen sie sicher, dass die aufgenommene Energie größer ist als die Energie, die zur Futtersuche verwendet wird. Neben der Energiedichte untersuchte der Forscher auch, ob große Knochen deswegen unbeliebt waren, weil sie schwieriger zu transportieren oder zu schlucken waren.
Wie erwartet, wiesen die in den Futterstationen und den Knochenschmieden von den Bartgeiern zurückgelassenen Knochen einen geringeren Ölsäuregehalt auf als die, die sie mitgenommen hatten. Dies würde bedeuten, dass der Nährgehalt der Knochen einen größeren Einfluss auf das Auswahlverfahren hätte als deren Größe. Die Knochen mit dem höchsten Fettgehalt wurden von den Bartgeiern auch bevorzugt in ihre Nester getragen.
Hilfreich für Aufzucht in Gefangenschaft
Margalida schlussfolgert daraus, dass „die enge Verknüpfung zwischen den ausgewählten Knochen und deren hohem Fettwert eine Optimierung der für die Nahrungssuche erforderlichen Zeit und der erhöhten Energiezufuhr aus der Nahrung impliziert“. Er fügt hinzu, dass sich diese Erkenntnisse auf die Erhaltung der Wildpopulation und der in Gefangenschaft lebenden Tiere dieser gefährdeten Spezies auswirken werden.
Im Rahmen von Maßnahmen zur Unterstützung der geografischen Ausbreitung und Aufzucht der Bartgeier sollten die nahrhaftesten Knochen in die Fütterungsprogramme aufgenommen werden, so zum Beispiel besonders Schienbeine, Fußwurzelknochen und Extremitäten.
(Springer Science+Business Media, 09.09.2008 – NPO)