Als das Antibiotikum Linzezolid im Jahre 2000 zugelassen wurde, galt es als Wunderwaffe gegen multiresistente Bakterienstämme in Krankenhäusern und Altenheimen. Die anfängliche Euphorie wurde jedoch gedämpft, als nach knapp drei Jahren die ersten resistenten Erreger auftraten – und das trotz sparsamer Anwendung als Notfall-Antibiotikum. Jetzt haben Wissenschaftler anhand dreidimensionaler Röntgenbilder aufgeklärt, wie das Linezolid-Molekül Bakterien lahm legt.
Aufgrund dieser Erkenntnisse könnte es nach Angaben der Forscher künftig möglich sein, wirksame Derivate dieses Antibiotikums gezielter und damit schneller zu entwickeln, so dass die Forschung den multiresistenten Bakterien wieder einen Schritt voraus ist.
Maschine des Lebens lahm gelegt
Der Angriffspunkt vieler Antibiotika ist die Protein-Fabrik des Bakteriums, das Ribosom. Dort wird die genetische Information in lebenswichtige Proteine übersetzt. Gerät diese Maschinerie ins Stocken, stirbt das Bakterium ab. Das Antibiotikum Linzezolid greift dabei im „Herzen“ des Ribosoms, dem Peptidyl-Transferase-Zentrum (PTC), an. Wie die neuen dreidimensionalen Röntgenbilder zeigen, bindet das Linezolid dort so an, dass es eine der essentiellen Nukleinsäuren in einer bestimmten Orientierung festhält.
Da diese Nukleinsäure eine Schlüsselrolle bei der Knüpfung der Peptidbindung hat, wird damit die Arbeit des PTC unterbrochen, wie die Forscher der Universität Frankfurt am Main, des Deutschen Elektronensynchrotrons (DESY) bei Hamburg und der Universität München in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten. Zusätzlich blockiert das Antibiotikum die korrekte Bindung der Aminosäure- Lieferanten, der transfer-RNAs (t-RNAs) und damit auch die Verkettung der Aminosäuren.
Widersprüchliche Ergebnisse erklärt
Die bislang widersprüchlichen erscheinenden biochemischen Ergebnisse zu der Frage, wann Oxazolidinon-Antibiotika in den Prozess der Proteinbiosynthese eingreifen, haben die Wissenschaftler um Professor Paola Fucini damit ebenfalls erklärt. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Bindungsstelle des Antibiotikums sowohl in der Initiationsphase als auch kurzzeitig während des Translationszyklus frei ist und somit den Prozess zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterbrechen kann.
Die Wirkung des Linzezolids besteht also letztlich darin, dass es die Maschine des Lebens in krankmachenden Bakterien lahm legt, indem es verhindert, dass die zum Weiterleben und zur Vervielfältigung wichtigen Proteine produziert werden.
(idw – Universität Frankfurt am Main, 19.08.2008 – DLO)