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Biologie

Käfer „hört“, wenn es brennt

Funktionsprinzip eines einzigartigen Feuersensors enträtselt

Der Schwarze Kiefernprachtkäfer Melanophila acuminata © AG Prof. Schmitz

Der schwarze Kiefernprachtkäfer mag es heiß: Seine Larven ernähren sich von frisch verbranntem Holz, das er mit Hilfe spezieller Infrarotsensoren aufspürt. Das ungewöhnliche Funktionsprinzip dieses Sensors – der Käfer „hört“ das Feuer – haben jetzt deutsche Forscher aufgedeckt.

Der Sinn des Prachtkäfers fürs Brenzlige ist im Insektenreich nicht gerade weit verbreitet: Die Wissenschaft kennt gerade einmal vier Gattungen, die diese Fähigkeit haben. Der schwarze Kiefernprachtkäfer hat von ihnen den ausgeklügeltsten Sensor: Angeblich kann er damit noch aus 80 Kilometern Entfernung Waldbrände aufspüren. Auf diese Zahl mag sich der Zoologe Professor Helmut Schmitz von der Universität Bonn zwar nicht festlegen. „Der Sensor ist aber in der Tat extrem empfindlich“, erklärt der Forscher. Zudem reagiert der Käfersensor etwa fünfmal schneller als technische Infrarot-Fühler.

Wärme wird in Druck umgewandelt

Der Grund für diese hohe Sensibilität und Schnelligkeit ist das einzigartige Funktionsprinzip, das Schmitz und seine Kollegen vom Forschungszentrum caesar nun weiter aufgeklärt haben: Demnach wird der Wärmereiz zunächst in eine Druckerhöhung umgewandelt, die der Käfer dann registriert. Die Sinneszelle, mit der er das tut, ist ein typischer Mechanorezeptor, wie er beispielsweise auch im vielen Gehörorganen von Insekten Einsatz kommt, beispielsweise bei Heuschrecken und Grillen. Auch dort werden schließlich Druckschwankungen gemessen. „Der Käfer ‚hört’ die Infrarotstrahlung gewissermaßen“, erläutert Schmitz.

Die druckempfindliche Spitze der mechanischen Sinneszelle ist in einen winzigen runden Druckbehälter eingebettet, dessen Wand wie auch der Insektenpanzer aus Kutikula besteht. In dem Druckbehälter befinden sich einige hundertmilliardstel Milliliter Wasser. Bei Bestrahlung mit Infrarotlicht der passenden Wellenlänge erwärmt sich die Kutikula und gibt die Wärmeenergie an die Flüssigkeit weiter, die selber auch stark im mittleren Infrarot absorbiert. Sie dehnt sich schlagartig aus, wodurch sich der Druck im Kutikulabehälter erhöht.

Dadurch verformt sich die Spitze der Sinneszelle: In ihr öffnen sich Kanäle, durch die elektrisch geladene Ionen strömen. Diese Spannungsänderungen registriert der Käfer – und das schon wenige Tausendstel Sekunden nach dem Infrarot-Puls. „Das Ganze funktioniert hydraulisch und damit fast verzögerungsfrei – ähnlich wie im Auto, wenn Sie aufs Bremspedal steigen“, erklärt Schmitz.

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Infrarotsensoren des Schwarzen Kiefernprachtkäfers © AG Prof. Schmitz

Messhydraulik im Nanomaßstab

Der letzte Beweis für dieses Funktionsprinzip steht noch aus. Doch die Anhaltspunkte mehren sich, dass Schmitz und seine Kollegen richtig liegen. So weisen sie in der jetzt erschienenen Publikation nach, dass die Wand des Druckbehälters extrem fest ist. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass die Messhydraulik überhaupt funktioniert.

„Der Behälter hat nur eine einzige weiche Stelle: Nämlich die Spitze der Sinneszelle, die wie ein Handschuhfinger in ihn hineinragt. Wenn sich das erwärmte Wasser ausdehnt, drückt es diese winzige fingerförmige Struktur zusammen – es gibt ja keine andere Stelle, wohin es ausweichen könnte.“ Der Druckbehälter ist so winzig, dass die Messungen nur mit modernsten materialwissenschaftlichen Methoden durchgeführt werden konnten: Die Kugel ist nur ein Drittel so dick wie ein Haar.

(Universität Bonn, 14.08.2008 – NPO)

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