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Astronomie

Erster Detailblick auf Marsmond Phobos

Sonde Mars-Express gelingen bisher genaueste Aufnahmen des Mondes

Nahaufnahme des Marsmonds Phobos. Die Bilddaten mit einer Auflösung von 3,7 Metern pro Pixel wurden aus einer Entfernung von 93 Kilometern in Orbit 5851 aufgenommen. © ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

Die hochauflösende Stereokamera an Bord der ESA-Sonde Mars Express hat die bis heute detailliertesten Bilder der Oberfläche des Marsmondes Phobos aufgenommen. Die Bilddaten wurden aus einer Entfernung von nur 93 Kilometern aufgenommen und zeigen auch eine bisher noch niemals fotografierte Gegend auf der dem Mars abgewandten Seite des Mondes.

Die Raumsonde Mars Express flog an dem etwas mehr als 25 Kilometer großen Marstrabanten in einer relativen Geschwindigkeit von 3,0 Kilometer pro Sekunde (knap 11.000 Kilometer pro Stunde) vorbei und kam Phobos bis auf 93 Kilometer nahe. Damit die Bilder bei hoher Vorbeifluggeschwindigkeit und der gleichzeitig sehr kurzen Entfernung zum Mond nicht verwischt werden, schwenkten die Raumflugingenieure am ESOC den Mars Express-Orbiter während der Aufnahmen gegen die Flugrichtung, um optimale HRSC-Aufnahmen zu ermöglichen – ein Manöver, das perfekt gelang.

Die wissenschaftliche Auswertung der HRSC-Bilder und der Ergebnisse der anderen Mars Express-Experimente dauert noch an. Das HRSC-Experimentteam am DLR-Institut für Planetenforschung plante die Aufnahmen gemeinsam mit der Freien Universität Berlin und dem ESOC, dem Bodenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt.

Ein eingefangener Asteroid?

Der nur 27 Kilometer mal 22 Kilometer mal 19 Kilometer große Mond gehört zu den am wenigsten reflektierenden Körpern im Sonnensystem. Es wird vermutet, dass es sich bei Phobos um einen Asteroiden aus der frühen Entstehungsperiode des Planeten handelt, der von der Marsgravitation eingefangen wurde.

Die Beobachtungen von Phobos verdankt Mars Express seinem sehr elliptischen Orbit. Die Raumsonde befindet sich dabei zwischen 270 Kilometern und mehr als 10.000 Kilometern über dem Planeten und kreuzt auch die 9.000 Kilometer vom Mars entfernte Bahn des Mondes. Da Phobos, wie auch der Erdmond, dem Planeten immer die gleiche Seite zuwendet, sind Aufnahmen der abgewandten Seite nur möglich, wenn sich Mars Express außerhalb des Mondorbits befindet.

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Rätselhafte Linien auf der Mondoberfläche

Besonders Eindrucksvoll erkennt man auf den neuesten Bildern die außergewöhnlichen Riefen auf der Oberfläche des Mondes. Der Ursprung dieser linienartigen Muster ist umstritten. Es könnte sich um Spuren handeln, die von ausgeworfenem Material im Zuge von Einschlagsereignissen auf dem Mars entstanden sind. Möglicherweise ist auch der die Oberfläche bedeckende Regolith in bereits vorhandene Spalten gerutscht. In den Bildern können mindestens zwei verschiedene Riefensysteme mit unterschiedlichen Orientierungen differenziert werden. Ein sinusförmiger Krater beziehungsweise eine Kraterkette sind ebenfalls zu erkennen.

Rotation für bessere Bilder

Während der Beobachtungen wurde eine Sondendrehung, ein so genannter „spacecraft slew“, durchgeführt. Dabei wird die Sonde entgegen ihrer Bewegungsrichtung rotiert, um die Geschwindigkeit zu reduzieren mit der das beobachtete Objekt an der Sonde vorbeizieht. Auf diese Weise wird verhindert, dass trotz der hohen Fluggeschwindigkeit verschwommene und unscharfe Bilder

entstehen, und die Belichtungszeit groß genug gewählt werden kann.

Geometrie des Phobos-Vorbeifluges © ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

Die Bilddaten, welche in fünf verschiedenen Kanälen für die bestmögliche stereografische und photogrammetrische Analyse aufgenommen wurden, zeigen bei einer Auflösung von 3,7 Metern pro Pixel noch nie gesehene Details der Mondoberfläche. Die Stereodaten, welche ebenfalls mit einer Auflösung von 3,7 Metern pro Pixel aufgenommen wurden, sind wichtig für die Erstellung eines digitalen Geländemodells sowie für photogeologische Untersuchungen.

Die Daten der zusätzlichen photometrischen Kanäle mit einer Auflösung von 7,4 Metern pro Pixel bieten die Möglichkeit, den auf Phobos vorhandenen Regolith genauestens zu untersuchen. Auch der Super Resolution Channel (SCR) der HRSC machte während des Vorbeifluges Aufnahmen mit einer nominellen Auflösung von 90 Zentimetern pro Pixel. Trotz des „spacecraft slew“ kam es zu geringer Unschärfe in den SRC-Detailaufnahmen.

Vorbereitung für russische Sondenlandung

Im Jahr 2009 will die russische Raumfahrtbehörde die Mission „Phobos Grunt“ (Phobos Erde) zu dem Mond schicken, um Bodenproben auf der dem Planeten abgewandten Seite bei etwa 5 Grad Süd bis 5 Grad Nord und 230 Grad bis 235 Grad West zu sammeln und zur Erde zu bringen. Dieses Gebiet wurde zuletzt in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts von den Viking-Sonden aufgenommen. Die

Beobachtungen der HRSC wurden sehnlichst erwartet, um die mögliche Landestelle besser festlegen und untersuchen zu können.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 01.08.2008 – NPO)

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