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Medizin

Nikotin „pusht“ das Gehirn

Ziel: Positive Wirkungen des Nikotins nutzbar machen

Nikotin kann sich positiv auf Lernen, Gedächtnis und Aufmerksamkeit auswirken. Londoner Wissenschaftler haben möglicherweise den Schlüssel dafür gefunden, diese guten Eigenschaften des Nikotins künftig therapeutisch nutzbar zu machen und gleichzeitig das Risiko zu verringern, süchtig zu werden.

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„Nikotin hat, wie viele Suchtstoffe, die verschiedensten Wirkungen, von denen einige schädlich, andere durchaus nützlich sein können“, sagte Professor Ian Stolerman vom Institut für Psychiatrie am King`s College, London, auf der Tagung europäischer Neurowissenschaftler in Genf. Ältere Studien haben gezeigt, dass sich Nikotin auf die geistigen Fähigkeiten von Menschen und Labortieren auswirkt. „Diese Wirkungen sind aber gering“, warnte er, „und für gesunde Menschen wiegen sie keineswegs die schädlichen Auswirkungen auf.“

Schädliche und nützliche Wirkungen

Versuche der Pharmaindustrie nikotin-ähnliche Substanzen für die Behandlung von Alzheimer Patienten zu finden, gestalten sich indes schwierig. Die Menge an Nikotin, die sich positiv auf Lernen und Gedächtnis auswirkt, weicht nur geringfügig von jener ab, die schädlich ist. Außerdem, und das ist das Wichtigste, besteht ein hohes Risiko, süchtig zu werden. Jedoch fällt die Abwägung zwischen Nebenwirkungen und Nutzen für Menschen mit schweren Erkrankungen, wie der Demenz, viel günstiger für das Nikotin aus.

Auf Tagung wies Stolerman darauf hin, dass Ratten, denen Forscher Nikotin verabreichten, auf visuelle Reize viel aufmerksamer reagierten als ohne Nikotin. Die Forscher vom King´s College untersuchten die Mechanismen, die dieser Wirkung zugrunde liegen. So spielen etwa die Nikotinrezeptoren auf den Nervenzellen eine Rolle, aber auch Hirnbotenstoffe, wie Dopamin, Noradrenalin, Glutamat und Serotonin.

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Kognitiver Auftrieb fördert Suchtgefahr

„Wir haben verschiedene Ähnlichkeiten, aber nur kleine Unterschiede zwischen den kognitiven und jenen Mechanismen gefunden, die süchtig nach Nikotin machen“, sagte Stolerman. „Der ‚kognitive Auftrieb’, den viele Raucher verspüren, trägt offenbar dazu bei, dass Menschen Zigaretten rauchen. Wahrscheinlich wird es deshalb nicht möglich sein, die Suchtgefahr völlig auszuschalten.“

Die neuen Erkenntnisse über die Wirkung von Nikotin könnten nun die Entwicklung von Substanzen beschleunigen, die kognitiv wirksamer als Nikotin sind und auch eine länger anhaltende Wirkung haben. „Das ist nach all den Jahren der Forschung, die sich darum bemüht hat, die guten von den schlechten Wirkungen des Nikotins zu trennen, eine vielversprechende Zeit“, meinte Stolerman.

(ProScience Communications, 17.07.2008 – DLO)

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