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Medizin

Weiße Blutkörperchen funktionieren besser mit Zucker

Bedeutung von Zuckermolekülen für die Immunabwehr nachgewiesen

Kleine Vene mit ausgewanderten weißen Blutkörperchen. © Universitätsklinikum Heidelberg

Weiße Blutkörperchen, die Leukozyten, patrouillieren ständig in unserem Körper, um zum Beispiel bei Entzündungen Krankheitserreger aufzustöbern. Damit sie sich an der Blutgefäßwand verankern und in die betroffenen Gewebe einwandern können, brauchen sie Süßes. Eine Studie zeigt, dass Zuckermoleküle hier eine entscheidende Rolle spielen.

Die letzten Winkel und Ecken unserer Gewebe erreichen Weiße Blutkörperchen nur, indem sie in einem komplexen Prozess, der Leukozyten- Rekrutierung, aus den Blutgefäßen ins Gewebe auswandern. Mit Hilfe spezieller Haftmoleküle, so genannter Adhäsionsmoleküle, gelingt es dabei den Leukozyten an der Gefäßwand zu verweilen und nicht von dem fließenden Blut permanent fortgerissen zu werden.

Bei ihrer Arbeit sind diese Adhäsionsmoleküle offenbar sehr auf Süßes angewiesen und funktionieren ohne einen Schwanz von Zuckermolekülen nur sehr schlecht, wie David Frommhold aus der Klinik für Neonatologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg und

Privatdozent Dr. Andreas Ludwig, Universität Aachen, nun in der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Medicine“ berichten.

Wichtig für Entzündungsreaktion

Die auf die Leukozytenrekrutierung spezialisierte Arbeitsgruppe des Kinderarztes konnte mit Hilfe eines hochkarätigen internationalen Forscherteams unter der Leitung von Professor Dr. Markus Sperandio, am Walter Brendel Zentrum für Experimentelle Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, erstmals im lebenden Gewebe nachweisen, dass die Ausstattung der Adhäsionsmoleküle mit Zuckerketten auch für die Leukozytenadhäsion in Gefäßen entzündlich veränderter Gewebe erforderlich ist.

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Unlängst konnten die Forscher bereits bei Molekülen, die für das Rollen der Leukozyten entlang der Gefäßwand verantwortlich sind, eine entscheidende Bedeutung der Zuckermodifikation in lebenden Mäusen nachweisen. „Da offenbar auch während der Herstellung von Adhäsionsmolekülen unterschiedlich lange Zuckerketten an diese angehängt werden, ergab sich für uns die Frage, welche

funktionelle Bedeutung sie für den Leukozyten im lebenden Organismus haben,“ so Frommhold.

Zucker fördert Auswanderung in Gewebe

Bei einer Entzündung setzt das Immunsystem Botenstoffe frei, so genannte Chemokine, die die zirkulierenden weißen Blutkörperchen anlocken und fest an die Gefäßwand im Bereich entzündeten Gewebes binden. Bei einer auf Bakterienabwehr besonders spezialisierten Gruppe von Leukozyten, den neutrophilen Granulozyten, trägt das Chemokin Interleukin-8 maßgeblich zu deren fester Bindung an die entzündlich veränderte Gefäßwand bei.

Ist der verantwortliche Chemokinrezeptor, nämlich CXCR2, auf der Oberfläche der neutrophilen Granulozyten mit spezifischen Zuckerketten ausgerüstet, können die Abwehrzellen ihre Patrouille durch entzündetes Gewebe ungehindert antreten. „Fehlt den Chemokinrezeptoren der Leukozyten die Modifikation mit Zuckermolekülen, ist deren Auswanderung und damit letztlich die Abwehr von Bakterien empfindlich beeinträchtigt“ erklärt Frommhold.

Fazit: Gezuckerte weiße Blutkörperchen funktionieren einfach besser. Die Forscher sind überzeugt, dass ihre Arbeit weitere Untersuchungen zur Funktion von Zuckermolekülen im Immunsystem anregt und in Zukunft neue Aspekte für die Behandlung akuter und chronischer Entzündungsprozesse eröffnet.

(Universitätsklinikum Heidelberg, 11.07.2008 – NPO)

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