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Geowissen

War das Beben in China ein Einzelfall?

Neues Modell hilft bei Ermittlung des Risikos für Nachfolgebeben

Beben in China am 12. Mai 2008 © rechtefrei

Das Erdbeben, das am 12. Mai 2008 die chinesische Provinz Setschuan verwüstete, war in dieser Region das erste seit Beginn der Geschichtsschreibung. Mit einer Magnitude von 7.9 war seine Stärke zudem komplett unerwartet. Aber war es ein Einzelfall? Oder könnte das Beben die Spannungsverhältnisse im Untergrund so verändert haben, dass weitere Starkbeben drohen?

Starken Erdbeben wie dem in China im Mai 2008 folgen oft ein oder weitere Beben von nahezu der gleichen Stärke. So zog im Jahr 1999 das Beben von Duzce in der Türkei wenig später das schwere Beben von Izmit nach sich. Im Jahr 2004 folgte auf das Sumatra-Beben der Stärke 9,2 ein Beben der Magnitude 8,7 in der gleichen Region.

Warum dies so ist und welche Faktoren dafür eine Rolle spielen, hat nun ein Team von Geowissenschaftlern des U.S. Geological Survey, und der Universität von California in Santa Barbara genauer untersucht. Ihre Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“ erschienen. „Ein getriggertes Erdbeben nach einem Starkbeben kann sich Monate, Jahre oder Jahrzehnte später ereignen“, erklärt Eric Kirby, Professor für Geowissenschaften an der Pennsylvania State University. „Sumatra ist da ein gutes Beispiel, auch die geschichtlichen Aufzeichnungen der Türkei zeigen eine Serie von Erdbeben, die in den letzten 60 Jahren langsam von Osten nach Westen voranschreiten.“

Reibung und Spannungen modelliert

Die Forscher nutzten für ihre Studie ein Modell des Setschuan-Bebens. Das Erdbeben ereignete sich in einem Gebiet am Ostrand des Tibetanischen Hochplateaus, das von der Kollision der Indischen und der Asiatischen Platte geprägt und von geologischen Verwerfungen durchzogen ist. Das neue Modell zeigt die physikalischen Charakteristiken der betroffenen Beichuan Verwerfung und die durch das Beben verursachten Veränderungen.

Als Datengrundlage konnten die Forscher jedoch nur zum Teil auf genaue Daten zurückgreifen, da die chinesische Regierung zurzeit eine sehr restriktive Informationspolitik verfolgt. Datenspannen für die Reibungskräfte wurden daher als Basis genutzt, um die manchmal unbekannten oder unerwarteten Veränderungen der Reibung durch die Bewegung der Störungen vollständig zu erfassen. „Wir wussten, dass die Verwerfung da ist und dass sie aktiv ist”, erklärt Kirby. „Ich hatte bereits zuvor in der Region gearbeitet, aber ich glaube nicht, dass irgendjemand die Größe dieses Erdbeben hätte vorhersehen können.“

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Spannungen im Untergrund noch immer groß

Nach den Ergebnissen der Modellierung verstärkte sich nach dem Beben vom 12. Mai die Spannung in einigen parallel und senkrecht zum Beichuan-Graben verlaufenden Verwerfungen. Einige kleinere Verwerfungen südlich des Bebenherds zeigen dagegen eine Entspannung. Die Mehrheit der geologischen Störungen in dieser Region steht jedoch noch immer unter hohem Druck.

„Das Modell beinhaltet das, was wir über die Verwerfungen in der Region wissen und, und fragt danach, welche Spannungen das Erdbeben hier verändert hat“, so Kirby. „Das Modell zeigt uns, wo das Risiko eines potenziellen Bruchs ansteigt, aber die genauen Triggerpunkte für diese Verwerfungen kennen wir noch nicht. Die Analyse sagt uns nicht: ‚Dort wird ein Erdbeben stattfinden‘, sondern nur, dass das Potenzial für ein Beben in einigen dieser Verwerfungen existiert.“

(Penn State, 08.07.2008 – NPO)

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