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Physik

Gammastrahlen: Universum transparenter als gedacht

MAGIC-Teleskop spürt weit entferntes Gammalicht auf

Von MAGIC aufgezeichnete Himmelskarte der Region um die Galaxie 3C279 im Licht der hochenergetischen Gammastrahlung. © MAGIC-Kollab

Mit dem MAGIC-Teleskop auf der Kanareninsel La Palma haben Physiker Gammastrahlen gemessen, die ihre Quelle vor fünf Milliarden Jahren verlassen haben. Das Licht stammt aus der Umgebung des schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie 3C279 und ist doppelt so lange unterwegs wie alle bisher beobachteten Gammasignale. Diese Entdeckung verändert unser Verständnis des Universums: Es ist für Gammastrahlen transparenter als gedacht, so die Wissenschaftler in „Science“.

Das schwarze Loch in der Galaxie 3C279 ist etwa eine Milliarde Sonnenmassen schwer und legt immer weiter zu. Dieser so genannte aktive galaktische Kern schluckt alles, was ihm zu nahe kommt – Gas und Sterne aus seiner Umgebung – und lässt die Materie in einer Scheibe um sich rotieren. In diesem kosmischen Strudel stoßen die Teilchen miteinander zusammen und setzen Energie frei: Die Scheibe strahlt im gesamten Energiespektrum, von Radiowellen über optisches Licht bis zu den energiereichen Gammaquanten.

Fast alle ausgesandte Strahlung durchläuft das Universum weitgehend ungestört. Nur das Gammalicht ist da eine Ausnahme: Es reagiert mit der Hintergrundstrahlung, die das Universum durchzieht und wird auf diese Weise ausgedünnt.

MAGIC-Teleskop als Detektor

Nun ist 3C279 fünf Milliarden Lichtjahre von uns entfernt, was nahezu dem halben Radius des Alls entspricht. „Bis vor kurzem hat man gedacht, dass Gammastrahlen von so weit weg gar nicht auf der Erde ankommen dürften“, sagt Robert Wagner vom Max-Planck-Institut für Physik. „Neueste Messungen haben bereits angedeutet, dass das All transparenter ist als vermutet. Wir haben aber nun herausgefunden, dass es noch durchlässiger ist.“

Kurz nach Sonnenuntergang wird das MAGIC-Teleskop auf seine Messungen in der Nacht vorbereitet. Mit einem Spiegeldurchmesser von 17 Metern ist es das weltweite größte seiner Art. Auf 2200 Metern über dem Meeresspiegel stören keine Wolken mehr die Messungen. © R. Wagner, MPI für Physik

Als Detektor diente das weltweit größte Gammastrahlen-Teleskop MAGIC (Major Atmospheric Gamma-ray Imaging Cherenkov) auf der Insel La Palma vor der afrikanischen Küste. Die Entdeckung der MAGIC-Kollaboration stellt die gängigen Theorien über das intergalaktische Hintergrundlicht in Frage: Das Universum ist für Gammalicht durchlässiger als erwartet. Entgegen gängiger Vermutungen enthält der Kosmos offenbar nur das geschätzte Minimum an Licht – nämlich jenes aller Galaxien und Sterne – und keine weiteren Ingredienzen. Und diese Hintergrundstrahlung haben Teleskope im optischen und infraroten Bereich bereits gemessen.

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Hintergrundlicht verrät Geschichte des Alls

Das Hintergrundlicht ist von großem Interesse für die Forscher: Da es alles jemals ausgestrahlte Licht des Universums enthält, kündet es von den Strukturen im frühen Universum. Auf ihrem Weg durch das All sammeln die Gammastrahlen Informationen über die Regionen, die es passiert. „Mit den Messungen von MAGIC können wir das Hintergrundlicht von damals modellieren und so etwas über die Geschichte des Alls lernen“, sagt Wagner.

Es steckt aber noch mehr in der Beobachtung von Gammastrahlung. Das hochenergetische Licht wird von den gewaltigsten und exotischsten Quellen im Weltall erzeugt: von Supernovae, aktiven galaktischen Kernen oder den kurzlebigen Gammablitzen. Diese Strahlung erlaubt es den Wissenschaftlern, solche extremen physikalischen Phänomene näher zu erforschen – die weit mehr Energie freisetzen, als sich auf der Erde erzeugen lässt. Da Gammastrahlen nicht geladen sind, werden sie auch nicht von Magnetfeldern abgelenkt und weisen direkt auf ihren Ursprung. Damit verfügen die Astronomen über ein Fenster, durch das sie ferne Objekte direkt beobachten können.

(MPG, 27.06.2008 – DLO)

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