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Physik

Turbulenzen im U-Boot

Forscher sind Gesetzmäßigkeiten der turbulenten Konvektion auf der Spur

Professor Guenter Ahlers öffnet die Tür zum so genannten "Göttinger U-Boot". © MPIDS

Ein etwa zehn Tonnen schwerer Stahlbehälter, hoher Druck, schweres Gas und ein Temperaturgefälle von 40 Grad – das so genannte „Göttinger U-Boot“ ist für Forscher ein echter Wunderkessel. Denn in der weltweit einzigartigen Versuchsanlage, die demnächst ihren Betrieb aufnimmt, können sie unter kontrollierten Bedingungen so starke Turbulenzen erzeugen, wie sie sonst nur im Innern der Erde oder in Sternen vorkommen. Die Wissenschaftler wollen so die Gesetzmäßigkeiten aufspüren, die der turbulenten Konvektion zugrunde liegen.

Federführend bei dem Experiment in der neuen Experimentierhalle des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation ist Professor Guenter Ahlers von der University of California in Santa Barbara, der derzeit zu Gast in Göttingen ist. Vor Ort überwacht der gebürtige Bremer den Aufbau des Experiments. Die Versuche selbst steuert er dann später aus seiner Kalifornischen Heimat – über das Internet, ganz einfach per Mausklick.

„Turbulente Strömungen treten überall dort auf, wo es einen starken Temperaturunterschied gibt“, erklärt Ahlers. „Das ist etwa in einem Topf kochenden Wassers der Fall“, fügt er hinzu. Noch stärkere Turbulenzen gibt es in der Natur, etwa in der Sonne, in Wolken, in den Ozeanen – und im Innern der Erde. Dort steigt 4000 Grad heißes flüssiges Eisen aus 4.000 Kilometern Tiefe auf, während kühleres nach unten sinkt.

Heftige Verwirbelungen

Dieser Vorgang, den Wissenschaftler als Konvektion bezeichnen, führt zu heftigen Verwirbelungen. Welche physikalischen Gesetze diese Wirbel beschreiben, ist noch immer unklar.

An der University of California versucht Ahlers, diese Frage zu beantworten. Im Labor erzeugt er mit Hilfe großer Heizplatten einen ähnlichen Aufbau wie im Erdinnern. Das Göttinger Experiment, das die Forscher wegen seiner eigenwilligen Form U-Boot nennen, erlaubt es nun, noch einen Schritt weiterzugehen. Denn hier sind viel turbulentere Strömungen möglich.

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Herzstück des U-Bootes ist ein etwa zwei Meter hoher Zylinder aus Plexiglas, der einen Durchmesser von etwa einem Meter hat. Heizplatten sorgen für einen konstanten Temperaturunterschied von 40 Grad zwischen dem oberen und unteren Ende.

Hochgeschwindigkeitskameras im Zylinder

„Entscheidend ist das Gas, mit dem der Zylinder gefüllt ist“, erklärt Ahlers. Denn das extrem reaktionsträge Schwefelhexafluorid ist bei Atmosphärendruck fünf Mal so schwer wie Luft. „Mit diesem Gas und bei hohen Drücken können wir Turbulenzen auf kleinstem Raum erzeugen, die sich in der Natur über Hunderte von Metern erstrecken“, erklärt Professor Eberhard Bodenschatz vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation.

Damit die Forscher den Wärmetransport und die turbulenten Strömungen in ihrem U-Boot untersuchen können, wollen sie den Zylinder unter anderem mit Hochgeschwindigkeitskameras ausrüsten. Mit 50.000 Bildern pro Sekunde verfolgen die Kameras dann, wie die Strömung kleine Staubteilchen mitreißt. Auf diese Weise hofft das deutsch-amerikanische Forscherteam, die Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren, die der turbulenten Konvektion zugrunde liegen.

(idw – Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, 25.06.2008 – DLO)

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