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Nanotechnologie

Ionen-Projektile schmelzen Kristall

Neues Verfahren erzeugt Nano-Hügel auf der Materialoberfläche

Nano-Hügel © FZD

Forscher haben in der Oberfläche eines Kristalls Schmelzpunkte erzeugt, die nur wenige Nanometer groß sind. Ein Nanometer entspricht dem millionsten Teil eines Millimeters. Dazu setzten sie hochgeladene Ionen ein, also Atome, denen ein Großteil ihrer Elektronen entzogen wurde. Diese Ionen besitzen eine große interne Energie, die sie beim Auftreffen auf den Kristall in sehr kurzer Zeit abgeben und damit ein lokales Schmelzen der Oberfläche hervorrufen.

Die Schmelze erstarrt anschließend und es entstehen hügelartige Erhebungen im Nanometer-Bereich, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

Das Xenon-Atom besitzt 54 Elektronen. Gelingt es, einen Großteil der Elektronen zu entfernen, so ist das zurückbleibende Rumpf-Atom sehr stark ionisiert. Bei dem Ionisationsprozess wird dem Ion jedoch Energie zugeführt. Diese interne Energie, so konnten Physiker der Technischen Universität (TU) Wien und des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf (FZD) nun zweifelsfrei in gemeinsamen Experimenten belegen, ist für das neuartige Zerstörungsmuster auf der Oberfläche des behandelten Kristalls verantwortlich.

Ionen mit viel „überschüssiger“ Energie

Das Besondere an der Rossendorfer Anlage zur Erzeugung hochgeladener Ionen ist, dass diese vor der Materialprobe gezielt abgebremst werden können. Die Xenon-Ionen treffen mit einer Energie von nur 150 Elektronenvolt auf die Materialoberfläche – ein Elektronenvolt entspricht der Energie, die ein Elektron erhält, wenn es durch eine Spannung von einem Volt beschleunigt wird. Im Vergleich zu den 150 Elektronenvolt besitzt jedes einzelne hochgeladene Ion aber eine interne Energie von bis zu 38.000 Elektronenvolt. Wenn solch ein langsames Ionen-Projektil auf eine Materialoberfläche trifft, wird die hohe interne Energie in Sekundenbruchteilen auf einer sehr kleinen Fläche abgegeben.

Viel Energie in sehr kurzer Zeit – einige zehn Femto-Sekunden – auf sehr kleinem Raum (wenige Nanometer) bedeutet eine hohe Leistungsdichte – nur so ist Nano-Schmelzen überhaupt möglich. Man kann dies ansonsten nur mit gepulsten Hochleistungs-Lasern oder mit sehr schnell beschleunigten Ionen mit Energien von einigen Megaelektronenvolt erreichen, was jeweils sehr aufwendige Anlagen und Experimente verlangt.

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Richtiges Material entscheidend

Das Verfahren, mit einzelnen hochgeladenen Ionen Nano-Schmelzpunkte auf einer Materialoberfläche zu erzeugen, kam bisher nur in Heidelberg und in Dresden zum Einsatz. Wichtig ist hierfür die Wahl des richtigen Materials. Die Physiker aus Wien wählten für die Dresdner Experimente einen nicht-leitfähigen Kristall. Dieser Isolator ist besonders gut in der Lage, die interne Energie der Ionen in Wärme umzuwandeln.

Beim Auftreffen des Ions auf die Kristalloberfläche wird das Kristallgitter in unmittelbarer Umgebung sehr heiß und schmilzt. Da es sich jeweils nur um einen Bereich von wenigen Nanometern handelt, erstarrt die Schmelze schnell und an der Oberfläche stülpen sich kleine Nano-Hügel heraus.

Die Physiker entdeckten zudem einen neuen Grenzwert bei niedrigen Projektilgeschwindigkeiten: jedes Xenon-Ion muss mindestens 27-fach geladen sein, um zu einem Schmelz-Projektil zu werden. Je höher der Ladungszustand eines Ions ist, desto größer ist der freiwerdende Energiebetrag an der Kristalloberfläche, der zum lokalen Schmelzen führt.

Die Größe der Schmelzpunkte, und damit auch die Größe der entstehenden Nano-Hügel – zwei bis sechs Nanometer-, lässt sich direkt über den Ladungszustand der Projektil-Ionen kontrollieren.

Neue interessante Effekte aufgedeckt

Bei den in Dresden-Rossendorf durchgeführten Experimenten, die der Wechselwirkung von langsamen hochgeladenen Ionen mit Festkörperoberflächen galten, konnten neue interessante Effekte und Nano-Strukturen studiert werden. So ragen die kreierten Nano-Hügel circa einen Nanometer aus der Kristalloberfläche heraus und messen zwischen 20 und 50 Nanometer im Durchmesser. Derzeit werden weitere Experimente mit einem anderen Festkörper durchgeführt, in denen die hochgeladenen Ionen permanente Löcher auf der Kristalloberfläche erzeugen sollen.

(idw – Forschungszentrum Dresden – Rossendorf, 24.06.2008 – DLO)

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