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Astronomie

Braune Zwerge auf die Waage gelegt

Erste genaue Massebestimmung widerspricht gängiger Theorie

Infrarotaufnahme des sehr kühlen Doppelsystems zweier Brauner Zwerge, 2MASS 1534-2952AB. © Dr. Michael Liu (Institute for Astronomy, University of Hawaii)

Zum ersten Mal ist es Astronomen gelungen, die Masse von Braunen Zwergen zu bestimmen. Diese „verhinderten Sterne“ gehören zu den leichtesten und kleinsten Objekten des Weltalls außerhalb von Planetensystemen und bilden ein Bindeglied zwischen den leichtesten Sternen und den planetaren Gasriesen.

Braune Zwerge gehören zu den Winzlingen und gewissermaßen zu den „Versagern“ in der Sternenfamilie. Denn Dichte und Druck in ihrem Inneren reichen nicht aus, um eine Kernfusion zu starten. Im Gegensatz zu normalen Sternen können sie daher keine Energie erzeugen und leuchten, sondern kühlen in Laufe ihres Lebens immer weiter ab. Sie sind daher die lichtschwächsten und kältesten Objekte, die außerhalb von Planetensystemen im Weltraum beobachtet werden können. Ihr Inneres ist mit knapp 450 Grad gerade mal so heiß wie ein Pizzaofen, die von ihnen ausgestrahlte Energie macht nur ein 300.000stel der Sonnenenergie aus.

So weit, so bekannt. Doch eine entscheidende Eigenschaft der Braunen Zwerge konnte bisher nie genau gemessen werden: ihre Masse. „Masse ist der fundamentale Parameter, der die Lebensgeschichte jedes freischwebenden Objekts im All bestimmt“, erklärt Michael Liu vom Institut für Astronomie der Universität von Hawaii (IfA/UH). „Doch die wichtigste Eigenschaft von allen ist am schwersten zu messen“, ergänzt sein Kollege Michael J. Ireland von der Universität von Sydney.

Doppelsysteme als Messobjekt

Genau dies jedoch ist nun dem internationalen Team von Astronomen mithilfe des Keck-II-Teleskops am Keck Observatorium auf dem Mauna Kea auf Hawaii gelungen. Sie suchten sich dafür gezielt zwei Doppelsysteme aus jeweils zwei Braunen Zwergen, die sich gegenseitig umkreisen. Wie schon der Astronom Johannes Kepler im 17. Jahrhundert wusste, lässt sich die Masse eines solchen Doppelsystems aus der Größe der beiden Umlaufbahnen der Sterne und der Zeit, die sie jeweils für einen Umlauf benötigen, ermitteln.

„Solche Messungen sind eine echte Herausforderung“, erklärt Trent Dupuy. „Denn Doppelsysteme aus Braunen Zwergen sind sehr eng zusammen und umkreisen einander sehr langsam. Wir brauchen dafür die schärfsten Messungen, die mit heutigen Teleskopen überhaupt möglich sind.“ Dank des Keck-Teleskops erreichten die resultierenden Aufnahmen eine Auflösung von einer 20stel Bogensekunde, dies entspricht der Größe von einem 40.000stel des Vollmonds.

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Infrarotaufnahme des Brauner-Zwerg-Doppelsystems HD 130948BC (oben links). Unten rechts ein junger, sonnenähnlicher Stern, den das Doppelsystem umkreist. © Trent Dupuy and Dr. Michael Liu (Institute for Astronomy, University of Hawaii)

Für das System 2MASS 1534-2952AB, das aus zwei zur kältesten Klasse gehörenden Braunen Zwergen besteht, ermittelten die Astronomen eine Masse von insgesamt sechs Prozent der Sonnenmasse, jeder Einzelstern besitzt damit gerade mal die 30fache Masse des Planeten Jupiter. Das zweite System, HD 130948BC, besteht aus einem Paar etwas wärmerer Brauner Zwerge, für die Astronomen auf jeweils 5,5 Prozent der Sonnenmasse kamen.

Widerspruch zur Theorie

Das Spannende an diesen Ergebnissen: Sie stimmen nicht mit den bisher gängigen theoretischen Vorhersagen überein. Nach den Modellen müsste die Oberflächentemperatur von 2MASS 1534-2952AB deutlich kühler, die von HD 130948BC deutlich wärmer sein.

„Obwohl es allgemeine Übereinstimmungen unserer Daten und der Vorhersagen gibt, stimmt etwas nicht mit den theoretischen Studien der Braune Zwerge, entweder bei der Bestimmung ihrer Temperaturen oder der Berechnung ihres Energieausstoßes“, erklärt Liu. „Diese Erkenntnis ist eine Herausforderung für die Theoretiker und wir werden angespornt, noch mehr Massenmessungen an Braunen Zwergen durchzuführen um das Problem besser zu verstehen.“

(University of Hawaii, 06.06.2008 – NPO)

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