Salmonellen können auch Pflanzenzellen infizieren und dabei alle Abwehrmechanismen der Pflanze erfolgreich umgehen. Abwaschen von pflanzlicher Rohkost ist daher kein ausreichender Schutz vor einer Lebensmittelvergiftung. Diese überraschende Entdeckung haben jetzt Forscher im Rahmen eines Projekts des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gemacht.
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Die Ergebnisse wurden an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana gefunden, die auch ideale Voraussetzungen zur zukünftigen Entwicklung von Behandlungs- und Testsystemen im Sinne der Nahrungsmittelsicherheit bietet.
1, 5 Milliarden Fälle von Lebensmittelvergiftung pro Jahr werden durch den Bakterienstamm Salmonella hervorgerufen, so die World Health Organization. Fühlen sich die Bakterien im infizierten Menschen besonders wohl, dann können sie sogar die Zellen des Darms infizieren und sich dort für längere Zeit halten. Bisher galten infizierte Fleischprodukte und Pflanzen, deren Oberfläche mit verunreinigtem Wasser in Kontakt gekommen ist, als einzige Infektionsquelle.
Seit gestern ist durch Arbeiten an der Unité de Recherche en Génomique Végétale (URGV) in Evry, Frankreich, und den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) in Wien bekannt, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist.
Gehaltvolle Rohkost
In einer in PLoS ONE vorgestellten Arbeit zeigt das Team um den Genetiker Professor Heribert Hirt, dass Bakterien des Stammes Salmonella typhimurium sogar in Pflanzenzellen eindringen und sich dort vermehren können. Zwar war bereits bekannt, dass Salmonellen bis zu 900 Tage lang in kontaminierten Böden überleben können und diese somit einen geeigneten Infektionsherd für Pflanzen darstellen.
Das Team um Hirt konnte nun aber zeigen, dass die Infektionen von Pflanzenzellen aus einem solchen Infektionsherd durchaus aktiv vom Bakterium vorangetrieben werden und nicht wie bisher vermutet allenfalls eher zufällig und – auf Seiten des Bakteriums – passiv erfolgen.
Dazu Hirt: „Wir haben einzelne Bakterien mit einem fluoreszierenden Protein markiert und dann sehr deutlich deren Eindringen und Vermehrung in Wurzelzellen beobachten können. Bereits drei Stunden, nachdem die Bakterien in Kontakt mit den Wurzeln kamen, waren sie in die Zellen feinster Wurzelhaare eingedrungen. Schon 17 Stunden später waren die Zellen dickerer Wurzeln infiziert.“
Schwaches Abwehrspiel
Prinzipiell sind Pflanzen bakteriellen Angriffen alles andere als hilflos ausgeliefert und wissen sich durchaus zu wehren. Dazu steht eine ganze Reihe von Abwehrmechanismen zur Verfügung. Für den Fall einer Salmonellen-Infektion wurde deren Wirksamkeit nun ebenfalls vom Team um Hirt untersucht.
Zu den Ergebnissen sagt der Forscher: „Tatsächlich versagt diese Abwehr komplett. Obwohl regulierende Proteine wie die beiden Mitogen-aktivierten Protein Kinasen 3 und 6 bereits 15 Minuten nach einer Salmonellen-Infektion aktiviert werden, können sie die Vermehrung der Bakterien nicht verhindern. Ebenso nutzlos erscheint ein anderer Abwehrmechanismus, der durch die Pflanzenbotenstoffe Salicyl- und Jasmonsäure sowie Ethylen aktiviert wird. Zwar zeigt dieser Mechanismus in unseren Untersuchungen bis zu sechs Stunden Aktivität, die Infektion unterbindet aber auch er nicht.“
Die Bedeutung der von Hirt gemachten Entdeckung kann für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mit dem aktuellen und begrüßenswerten Aufstieg großer Schwellenländer zu Industrienationen nimmt deren Bedarf an Nahrungsmitteln und Wasser zu. Neben dem Einsatz von organischem Dünger aus zum Teil tierischen Quellen zwingt dieser Bedarf auch zur Bewässerung mit oftmals ungereinigtem – und damit potenziell infektiösem – Wasser.
Neue Testsysteme erforderlich
Wenn, wie jetzt erkannt, Salmonellen in Pflanzenzellen überleben und sich vermehren, dann nützt das Reinigen von Rohkost nichts, um eine Lebensmittelvergiftung zu verhindern. Vielmehr müssen neuartige Behandlungsmethoden und Testsysteme für Salmonellen-Infektionen in Pflanzen entwickelt werden. Dank der dafür bestens geeigneten Modellpflanze Arabidopsis thaliana, an der das Team von URGV und MFPL seine Arbeiten durchführte, schaffte dieses FWF-unterstützte Projekt für solche Herausforderungen bereits beste Grundlagen(-forschung).
(PR&D/Universität Wien/Wissenschaftsfonds FWF, 29.05.2008 – DLO)