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Ökologie

Keine Entwarnung beim Artensterben

Living Planet Index 2008: Dramatischer Rückgang der biologischen Vielfalt

Die biologische Vielfalt unseres Planeten ist von 1970 bis 2005 um 27 Prozent zurückgegangen. Dies geht aus dem neuen „Living Planet Index 2008“ hervor, den der WWF anlässlich des heute beginnenden Bonner UN-Umweltgipfels veröffentlicht hat.

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Erstmals seit Mitte der 1970er Jahre ist der Index allerdings nicht weiter gefallen. „Es gibt jedoch leider keinen Grund zur Entwarnung. Nach einem dramatischen Einbruch der biologischen Vielfalt in den 1980er und 1990er Jahren erleben wir im Moment offenbar eine kurze Atempause beim Artensterben. Hier spiegeln sich sicher auch erste Erfolge im Naturschutz wider. Aber alle Anzeichen sprechen dafür, dass wir noch keine Trendwende erreicht haben. Das globale Tier- und Pflanzensterben geht weiter“, so Christoph Heinrich, Leiter Naturschutz beim WWF Deutschland.

Kaum Raum für Hoffnung

Die rasante Entwaldung, die ungebremste Überfischung, der wachsende CO2-Ausstoß und der zunehmende Hunger nach Rohstoffen ließen derzeit wenig Raum für Hoffnung, so der WWF. Die internationale Staatengemeinschaft sei weit davon entfernt, ihr Ziel zu erreichen, den globalen Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 deutlich einzuschränken.

Mit dem „Living Planet Index“ präsentiert der WWF einen international anerkannten Standard zur Messung der biologischen Vielfalt. Weltweit werden 4.000 Populationen von fast 1.500 unterschiedlichen Arten untersucht.

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Dramatische Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum

Einzelne Arten wie die Grüne Meeresschildkröte in Costa Rica oder der Atlantische Lachs in Norwegen haben sich nach Angaben des WWF-Reports erholt. Aber in vielen Regionen ist die Entwicklung nach wie vor alarmierend. Ein besonders dramatischer Trend zeigt sich im asiatisch-pazifischen Raum, wo der Index für Land- und Süßwasserarten seit 1970 um über 70 Prozent gefallen ist. So ist der Jangste-Flussdelfin vermutlich ausgestorben.

EU-Ziele nicht erreichbar?

Auch in Europa ist der „Living Planet Index“ für an Land und im Süßwasser lebende Arten von 1990 bis 2005 um über 35 Prozent eingebrochen. Dabei hat sich die EU sogar noch höhere Ziele als die UN-Konferenz gesetzt – Brüssel will den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 stoppen. Angesichts der neuen Zahlen sei es zweifelhaft, ob Europa dieses Ziel noch erreichen könne, so der WWF. Arten wie der Iberische Luchs, der Braunbär, das Europäische Bison oder der Fischotter seien stark bedroht.

Menschheit lebt auf Pump

Die Beanspruchung natürlicher Ressourcen habe seit Anfang der 1960er Jahre bis 2003 um 250 Prozent zugenommen, so der WWF-Report weiter. „Die Menschheit lebt auf Pump. Wir bräuchten derzeit 1,25 Planeten, um unseren Hunger nach Energie, Rohstoffen und Land nachhaltig zu decken und die Belastungen durch Treibhausgase und Zivilisationsabfälle zu neutralisieren. Und der Trend setzt sich fort“, erläutert WWF-Experte Heinrich. Am schwersten wiege dabei die wachsende Nachfrage nach klimaschädlichen fossilen Energieträgern wie Kohle und Öl.

Jedem Erdenbewohner stehen durchschnittlich 1,8 Hektar produktive Fläche zur nachhaltigen Deckung seiner Bedürfnisse zur Verfügung. Tatsächlich betrug der Bedarf im Jahr 2003 etwa 2,23 Hektar pro Person. Deutschland steht im weltweiten Ländervergleich auf Platz 23 mit 4,5 Hektar pro Person.

WWF fordert wirksames Programm

Der WWF fordert die Staatengemeinschaft auf, in Bonn ein wirksames Programm gegen den Verlust der biologischen Vielfalt zu beschließen, um das 2010-Ziel doch noch zu erreichen. Die Regierungen müssten den Arten- und Naturschutz zur Chefsache machen. Alle relevanten Ressorts – Wirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Finanzen und Gesundheit – müssten den Biodiversitäts-Schutz zur Leitlinie ihres Handelns machen. „Die Umweltminister allein können das 2010-Ziel nicht stemmen“, erläutert Heinrich.

Zudem fordert der WWF eine neue Initiative, um den globalen Waldverlust von derzeit 13 Millionen Hektar pro Jahr bis 2020 zu stoppen. Bis 2050 soll dann die Waldqualität und die Waldfläche wieder das Niveau des Jahres 2000 erreichen.

(WWF, 19.05.2008 – DLO)

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