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Astronomie

Molekulares Thermometer für das ferne Universum

Erster Nachweis von Kohlenmonoxid in elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie

Spektren des interstellaren Gases, aufgefangen vom Very Large Telescope der ESO © ESO

Astronomen haben zum ersten Mal die Spektrallinie eines Kohlenmonoxid-Moleküls in einer elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie nachgewiesen. Mithilfe dieses Moleküls gelang ihnen auch die bisher genaueste Messung der kosmischen Hintergrundtemperatur.

Das interstellare Gas ist ein wichtiger Bestandteil von Galaxien und gleichzeitig das Reservoir, aus dem sich neue Sterne bilden. Weil die Bildung und der Zustand der Moleküle darin sehr sensibel auf die physikalischen Veränderungen im Gas reagieren, sind sie zudem auch ein gutes Indiz für die Sternenbildungsrate und liefern wichtige Erkenntnisse über die Entstehung von Galaxien.

Jetzt hat ein internationales Astronomenteam erstmals einen Einblick in die chemische Zusammensetzung des interstellaren Gases einer 11 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie gewonnen. Die Forscher richteten den UVES-Spektrografen des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf dem Paranal in Chile acht Stunden lang auf die von der Erde aus bisher kaum sichtbare Galaxie.

Fingerabdruck im Quasarspektrum

Der einzige Weg, mit der Galaxie sichtbar gemacht werden konnte, war der „Fingerabdruck“, den ihr interstellares Gas im Spektrum eines noch weiter entfernten Quasars hinterlässt. „Quasare werden hier nur als Marker im fernen Universum genutzt“, erklärt Raghunathan Srianand, Leiter des internationalen Beobachtungsteams. „Interstellare Gaswolken in Galaxien, die in der Sichtlinie zwischen den Quasaren und uns liegen, absorbieren Teiles des Lichts von den Quasaren. Das resultierende Spektrum zeigt daher dunkle ‚Täler‘, die bekannten Elementen und Molekülen zugeordnet werden können.“

Dank der hohen Auflösung des Very Large Telecope konnten die Astronomen im Spektrum des entfernten Quasars nicht nur die Präsenz von normalem Wasserstoff und Deuterium in dem interstellaren Medium der Galaxie nachweisen, sondern auch Kohlenmonoxidmoleküle. „Das ist das erste Mal, dass diese drei Moleküle über die Absorption vor einem Quasar entdeckt worden sind“, so Cédric Ledoux von der Europäischen Südsternwarte. „Diesen Nachweis versuchen wir bereits seit einem Vierteljahrhundert.“

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Aus dem Nachweis der Moleküle konnten die Astronomen zudem entnehmen, dass die physikalischen Bedingungen in dieser entfernten und alten Galaxie denen unserer Milchstraße sehr ähneln.

Zeitfenster in die kosmische Vergangenheit

Gleichzeitig gelang ihnen die bisher genaueste Messung der Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung. Sie bestätigt erneut die theoretischen Annahmen. Denn wenn das Universum in einem Urknall entstand, müsste das Nachglühen dieses urzeitlichen Feuerballs in der Vergangenheit stärker gewesen und dann langsam abgeflaut sein. Da das Licht der fernen Galaxie elf Milliarden Jahre bis zu uns braucht, eröffnet dies gleichsam ein Fenster in die kosmische Vergangenheit.

Und genau dies zeigten auch die neuen Messungen: „Angesichts der heutigen Temperatur von 2,725 Kelvin würde man erwarten, dass die Temperatur vor elf Milliarden Jahren bei rund 9,3 Kelvin lag“, erklärt Patrick Petitjean, Ko-Autor der Studie. „Unsere einzigartigen Beobachtungen ermöglichen es uns, auf eine Temperatur von 9,15 Kelvin plus minus 0,7 K zu schließen – eine gute Übereinstimmung mit der Theorie.“ Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies auch dass interstellare Chemie einen großen Beitrag zur Erforschung des Universums und seiner Entwicklung leisten kann.

(ESO, 13.05.2008 – NPO)

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