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Neurobiologie

Betrüger-Sensor im Hirn entdeckt

Neurowissenschaftler sehen dem Gehirn beim Denken zu

Wahrnehmung von Täuschung © Ruhr-Universität Bochum

Wenn wir zuschauen, wie jemand einen anderen übers Ohr haut, sind bei uns andere Gehirnbereiche aktiv als wenn wir jemanden beobachten, der einem anderen hilfsbereit zur Seite steht: Dies haben jetzt Bochumer Forscher in einer neuen Studie gezeigt.

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Die Wissenschaftler um Professor Dr. Martin Brüne und Dr. Silke Lissek von der Ruhr-Universität untersuchten die Fähigkeit, gute und böse Absichten anderer zu unterscheiden beziehungsweise vorauszusehen, mittels funktioneller Kernspintomographie.

Damit haben sie eine der am höchsten entwickelten kognitiven Fähigkeiten des Menschen ergründet, und eine der wesentlichen Leistungen, die das menschliche Gehirn auszeichnet. Auch könnten die Ergebnisse ihrer Experimente das Verständnis von Erkrankungen wie Schizophrenie verbessern, bei denen die Fähigkeit zur Unterscheidung guter und schlechter Absichten gestört ist.

Bildergeschichten im Kernspintomographen

Die Forscher zeigten in ihrer Studie zunächst gesunden Versuchspersonen, die im Kernspintomographen lagen, Bildergeschichten, die entweder eine kooperative Interaktion zwischen zwei Personen zeigten, oder eine Geschichte, bei der sich eine Person betrügerisch auf Kosten anderer bereichern wollte.

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Ergebnis: Während die Betrachtung kooperativer Interaktionen vorwiegend seitliche Gehirnareale – die so genannte Parietal-/Temporalregion – aktivierte, zeigte sich bei der Betrachtung von Täuschungsmanövern zusätzlich eine deutliche Aktivierung in vorderen Hirnregionen (präfrontaler Kortex).

Patienten mit Schizophrenie verarbeiten Geschichten anders

Die nachfolgenden ersten Untersuchungen bei Patienten mit einer Schizophrenie zeigten davon deutlich abweichende Aktivierungsmuster ohne eine entsprechende Hirnaktivität insbesondere in den vorderen Hirnregionen.

Bildergeschichte Täuschung © Ruhr-Universität Bochum

„Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit der bekannten klinischen Symptomatik bei Patienten mit Schizophrenie, die unter anderem eine deutlich gestörte soziale Interaktion und eine verminderte soziale Kompetenz und Empathiefähigkeit aufweisen“, so Brüne. „Die unterschiedliche Hirnaktivierung ist möglicherweise ein Schlüssel zum besseren Verständnis der Krankheitsgrundlagen bei der Schizophrenie bzw. bei psychotischen Erkrankungen und damit für die Entwicklung spezifischerer Behandlungsansätze für dieses schwere Krankheitsbild.“

Funktionelle Kernspintomographie erlaubt Blicke aufs Denken

Möglich waren die Studien durch den Einsatz der funktionellen Kernspintomographie (fMRT). Mit diesem Untersuchungsverfahren kann man von außen die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn messen, ohne die Versuchsperson zu belasten. „Es ist damit praktisch möglich, dem Gehirn ‚beim Denken zuzusehen’“, beschreibt Lissek.

RUB-Mediziner gründen Neuroimaging-Gruppe

Die jetzt veröffentlichten Studienergebnisse und weitere Untersuchungen zur Funktionsweise des menschlichen Gehirns zum Beispiel bei hyperaktiven Patienten (ADHS) entstammen einer engen interdisziplinären Kooperation in der Neuroimaging-Gruppe der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität unter der Leitung von Professor Dr. Martin Tegenthoff und Professor Dr. Georg Juckel.

Durch verbesserte Einblicke in die Arbeitsweise unseres Gehirns ist ein besseres Verständnis der Hirnerkrankungen und damit auch die Verbesserung vorhandener Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 06.05.2008 – DLO)

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