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Klima

Globale Erwärmung nimmt Auszeit

Verfeinerte Klimaprognosen sagen geringere Erwärmung in den nächsten Jahren voraus

Die beobachtete, global gemittelten Oberflächentemperaturanomalien (Jahresmittel und geglättet) zeigen neben einem positiven Trend multidekadische Schwankungen. © Climate Research Unit/ University of East Anglia

Immer häufiger haben Klimaforscher in den letzten Jahrzehnten weltweit neue Temperaturrekorde gemeldet. Laut einer neuen Nature-Studie könnte es damit in den nächsten Jahren erst einmal vorbei sein. Grund dafür ist eine natürliche Klimaschwankung, die voraussichtlich den langfristigen Erwärmungstrend im kommenden Jahrzehnt etwas abmildert.

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Dies haben Klimaforscher des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) und des Hamburger Max-Planck Instituts (MPI) für Meteorologie anhand von verfeinerten Klimamodellvorhersagen herausgefunden.

„Damit sie uns richtig verstehen: wir postulieren nicht, dass die vom Menschen verursachte Klimaänderung nicht so schlimm ausfallen wird, wie befürchtet“, erläutert Professor Mojib Latif vom IFM-GEOMAR. „Dem generell nach oben weisenden Trend ist nur eine langperiodische Schwingung überlagert, die in den nächsten Jahren dann netto zu einem geringeren Temperaturanstieg führen könnte“, so Latif weiter.

„Das ist so, als ob sie von der Küste ins Hochgebirge fahren und dabei immer wieder Vorberge und Täler überqueren, bevor Sie auf den Gipfel gelangen“, sagt auch Johann Jungclaus vom MPI für Meteorologie. „Spätestens in einigen Jahren, wenn sich die Trends beider Phänomene ergänzen, geht es mit den Temperaturen dann wieder stärker nach oben.“

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Schwankungen der Meeresströmungen berücksichtigen

Bisherige Rechnungen zum globalen Wandel, wie die im letzten Bericht des UNO Klimarats (IPCC) 2007 veröffentlichten, hat man unter Annahme bestimmter zukünftiger atmosphärischer Treibhausgasentwicklungen durchgeführt. Diese Strategie ist gerechtfertigt, solange man an der langfristigen Entwicklung des Klimas etwa bis zum Ende dieses Jahrhunderts interessiert ist.

Um auch die kurzfristige Entwicklung in den kommenden Jahren vorherzusagen, müssen die Modelle zusätzliche Informationen über die natürlichen Klimaschwankungen erhalten, insbesondere über die Schwankungen der Meeresströmungen. Das Fehlen entsprechender Messungen hat dies bisher verhindert.

Beobachtete und simulierte Entwicklung der globalen gemittelten Oberflächentemperaturen. Rot: Beobachtungen, schwarz: Simulationen ohne Berücksichtigung der Ozeanbeobachtungen, grün: Simulationen mit Berücksichtigung der Ozeanbeobachtungen. Die senkrechten Striche geben die Streuung der jeweils drei Vorhersagen an. © Climate Research Unit/ University of East Anglia

Kurzfristige Klimaschwankungen vorhersagen

Die Wissenschaftler des IFM-GEOMAR und des MPI für Meteorologie haben nun eine Methode entwickelt, um die Meeresströmungen aus den Meeresoberflächentemperaturen abzuleiten. Letztere sind für die vergangenen 50 Jahre gut bekannt. Mit dieser zusätzlichen Information lassen sich dann mit den Klimamodellen die kurzfristigen natürlichen Klimaschwankungen vorhersagen, die die langfristige, anthropogene Erwärmung überlagern. Die so verfeinerten Vorhersagen lassen vermuten, dass sich die globale Erwärmung in den kommenden Jahren etwas abschwächt.

Noel Keenlyside vom IFM-GEOMAR, Emmy-Noether Fellow und Erstautor der neuen Studie, erklärt dazu: „Wir haben in unserem Klimamodell zusätzlich zu den Treibhausgaskonzentrationen die beobachtete Meeresoberflächentemperatur der letzten Jahrzehnte vorgegeben, eine Vorgehensweise, die wir schon erfolgreich bei der Jahreszeitenvorhersage, wie der El Niño Vorhersage, angewendet haben. Die Meerestemperaturen beeinflussen die Winde und den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre, und beide Faktoren beeinflussen wiederum die Meeresströmungen.“

Weiße Weihnacht in Norddeutschland?

Und weiter: „Die Ergebnisse sind sehr ermutigend und zeigen, dass es neben der globalen Mitteltemperatur zumindest für einige Regionen der Erde möglich ist, die natürlichen, dekadischen Klimaschwankungen vorherzusagen. Zu diesen Gebieten gehören auch Europa und Nordamerika, die unter dem Einfluss natürlicher Schwankungen im Nordatlantik bzw. tropischen Pazifik stehen.“

Latif fasste die Ergebnisse so zusammen: „Mit solchen Prognosen werden wir ihnen zwar nicht sagen, ob es 2012 weiße Weihnachten in Norddeutschland gibt, aber schon eine Tendenz angeben können, ob bestimmte Jahrzehnte eher überdurchschnittlich warm oder kalt ausfallen, sofern nicht andere unvorhersehbare Effekte, wie zum Beispiel Vulkanausbrüche solche Prognosen zunichte machen.“

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 05.05.2008 – DLO)

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