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Genetik

DNA-Wächter in Bakterien aufgespürt

Neues Molekül für das Erkennen von DNA-Brüchen in Bakterien entdeckt

Die genetische Information jedes Organismus muss intakt bleiben, sonst drohen Krebs und andere Erkrankungen. In höheren Lebewesen wird das genetische Material deshalb regelmäßig überprüft, und Schäden werden gegebenenfalls repariert. Schon länger gibt es Hinweise, dass auch in Bakterien das Erbgut entsprechend kontrolliert wird. Ein deutsches Forscherteam hat nun die Kristallstruktur des dafür wichtigen Proteins DisA entschlüsselt.

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Wie die Wissenschaftler um Professor Karl-Peter Hopfner von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Molecular Cell“ berichten, erlebten sie dabei eine Überraschung: Gebunden an das Protein stießen sie nämlich auf ein bislang unbekanntes Molekül. Dieses „zyklisches di-Adenosinmonophosphat“, kurz c-di-AMP, wird von DisA synthetisiert.

„Das ist zum einen so interessant, weil man heutzutage ja nicht mehr oft solche Primärentdeckungen eines neuen Moleküls machen kann“, sagt Hopfner. „Zum anderen ist die Synthese von c-di-AMP durch DisA eine bislang unbekannte Enzymfunktion. Neben diesen beiden unerwarteten Ergebnissen lieferte die Kristallstruktur von DisA aber auch, was wir uns ursprünglich erhofft haben. Sie ließ uns nämlich erschließen, wie DisA DNA-Schäden aufspürt.“

Checkpoints im Leben einer Zelle

Checkpoints heißen die Zeitpunkte im Leben einer Zelle, in denen das Erbgut auf mögliche Schäden hin überprüft wird. Dies ist für Bakterien wichtig, etwa wenn das Erbgut verdoppelt wird, um an Tochterzellen weitergegeben zu werden. Das Protein DisA spielt dabei eine entscheidende Rolle als eine Art Sensor: So lässt sich beobachten, dass dieses Molekül bestimmte Schäden an der DNA erkennt und daran bindet.

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Die Kristallstruktur von DisA zeigte dann, dass acht derartige Moleküle einen Komplex binden, der wiederum an das Erbgut andocken kann. DisA hatte aber auch eine unerwartete Aktivität als Enzym. Wie die Forscher zeigen konnten, synthetisiert DisA ein bislang unbekanntes Molekül, das in der Kristallstruktur mit gebunden war. Gemäß seiner Struktur heißt das neue Molekül c-di-AMP.

Molekül mit grundlegenden Funktionen in Bakterien

Dieser unerwartete Fund erfüllt möglicherweise – so die ersten Hinweise – grundlegende Funktionen in Bakterien. „Erstaunlich wäre das nicht“, so Gregor Witte und Sophia Hartung, die Erstautoren der Studie. „Das c-di-AMP ist nämlich nahe verwandt mit einem bereits bekannten Signalstoff des bakteriellen Stoffwechsels namens c-di-GMP, der zurzeit von einigen Forschergruppen intensiv untersucht wird.“

Dieses Molekül ist außerordentlich wichtig bei einer ganzen Reihe von Prozessen. So kontrolliert es das Timing und das Ausmaß von komplexen Vorgängen wie etwa die Photosynthese oder die Bildung von Biofilmen – also Aggregate von Mikroorganismen, die unter anderem auch zu gefährlichen Infektionen führen können. Angesichts der Vielfalt an Funktionen, die c-di-GMP erfüllt, und der Verwandtschaft der beiden Moleküle, ist denkbar, dass auch c-di-AMP an der Regulation zahlreicher wichtiger zellulärer Prozesse beteiligt ist. Möglicherweise geht es dabei um verschiedene Aspekte der DNA-Reparatur.

c-di-AMP-Level geben Auskunft über DNA-Schäden

„Unsere Daten deuten jedenfalls an, dass niedrige c-di-AMP-Level eher auf Schäden im Erbgut schließen lassen, während die Konzentrationen bei normaler DNA hoch sind“, so Hopfner.

Und weiter: „Auf jeden Fall scheinen beide Moleküle zusammen den Zellzyklus stoppen zu können, wenn DisA bestimmte Schäden an der DNA entdeckt, wie wir jetzt zeigen konnten. Auf jeden Fall wird es sehr spannend sein, dieses neue Signalübertragungsmolekül in der Zellteilung weiterhin – auch strukturell – zu untersuchen. DisA ist aber ebenfalls von Interesse: Schließlich macht die unerwartete Enzymfunktion der c-di-AMP-Synthese dieses Molekül zum ersten bekannten – aber wahrscheinlich nicht einzigen – Exemplar einer di-Adenylat-Zyklase, also zu einem Enzym, das die ringförmigen c-di-AMP-Moleküle herstellen kann.“

(idw – Universität München, 29.04.2008 – DLO)

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