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Biologie

Rotkehlchen: Bei Finsternis ab nach Westen

Ornithologen beobachten erstmals Vogelzug im Dunkeln

Können Zugvögel sich in völliger Finsternis orientieren? Viele Forscher waren bisher der Ansicht, dass dies nicht möglich ist, denn einiges spricht dafür, dass die Orientierung im Magnetfeld der Erde mithilfe eines licht-abhängigen Sensors im Auge erfolgt. Andere Experimente verweisen wiederum auf einen Magnetsensor im Schnabel. Bei der Lösung dieses Rätsels sind Frankfurter Forscher nun einen entscheidenden Schritt weiter gekommen.

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Sie untersuchten erstmals die Flugaktivitäten von Rotkehlchen im Dunklen. Das überraschende Ergebnis: die Vögel orientieren sich in völliger Finsternis grundsätzlich nach Westen, und zwar unabhängig von der Jahreszeit. Verantwortlich ist dafür offenbar der Magnetsensor im Schnabel, wie die Forscher in der aktuellen Online-Ausgabe der Zeitschrift „Current Biology“ berichten. Es scheint demnach zwei grundsätzlich verschiedene Mechanismen der Orientierung im Erdmagnetfeld zu geben, die möglicherweise miteinander in Verbindung stehen, so die Ornithologen um Professor Wolfgang und Dr. Roswitha Wiltschko.

Inklinationskompass versagt

Bei Licht (nicht nur bei Tageslicht) verfügen Zugvögel über eine Art Inklinationskompass, der auf die Neigung des Erdmagnetfeldes zur Erdoberfläche reagiert und so unterscheidet zwischen „polwärts“, der Seite, auf der die Feldlinien nach unten, und „äquatorwärts“, wo sie nach oben geneigt sind. Doch in völliger Finsternis scheinen die Vögel sich nur noch an der horizontalen Richtung des Magnetfelds zu orientieren: Sie fliegen immer in nord-westliche Richtung der Magnetfeldrichtung.

Ihren Inklinationskompass können sie mangels Licht nicht mehr verwenden. Das schlossen die Forscher daraus, dass die Vögel nicht darauf reagierten, wenn in der Versuchsanordnung die Richtung der vertikalen Komponente des Magnetfeldes umgekehrt wird.

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Magnetsensor im oberen Schnabel?

Wird dagegen der obere Schnabel dort betäubt, wo man den Magnetsensor mit Eisenoxid-haltigen Rezeptoren vermutet, sind die Vögel bei völliger Finsternis vollkommen orientierungslos. Bisher ging man davon aus, dass diese Magnetrezeptoren Information über die lokale Intensität des Magnetfelds vermitteln, die bei der Navigation auf einer „Karte“ mit magnetischen Wegmarken dienen, jetzt sieht es so aus, als würden sie auch einen Beitrag zur Orientierung liefern, wenn der Inklinationskompass mangels Licht nicht funktioniert.

Diese Information kann aber offensichtlich nicht zum Einschlagen der Zugrichtung benutzt werden. Sie bleibt normalerweise im Hintergrund und kommt erst zum Tragen, wenn der licht-abhängige Inklinationskompass ausgeschaltet wird. Unter natürlichen Bedingungen wird dies selten der Fall sein, weil in den meisten Nächten noch genügend Licht vorhanden ist.

(idw – Universität Frankfurt (Main), 22.04.2008 – DLO)

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