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Medizin

Hämoglobin ist nicht gleich Hämoglobin

Forscher spüren Variante des Blutfarbstoffs auf

Hämoglobin dient in den roten Blutkörperchen als Sauerstoff-Transporter. Bei Beladung ändert sich seine Farbe – normalerweise. Doch Bonner Wissenschaftler haben jetzt eine neue seltene Hämoglobin-Variante entdeckt, die selbst in beladenem Zustand optisch so aussieht, als ob sie wenig Sauerstoff transportieren würde.

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Messungen des Blutsauerstoffs liefern daher ein ähnliches Bild, als würden die Betroffenen unter einem angeborenen Herzfehler leiden. Nach Untersuchung zweier Patienten verstehen die Forscher nun aber, dass die neue Hämoglobinvariante die Sauerstoffmessung verfälscht. Die Wissenschaftler der Universität Bonn berichten über ihre Entdeckung, die sie „Hämoglobin Bonn“ genannt haben, in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Clinical Chemistry“.

Niedrige Sauerstoffsättigung im Blut

Hämoglobin transportiert Sauerstoff zu den Körperzellen und nimmt dort im Gegenzug Kohlendioxid auf. Dabei ändert es seine Farbe. Mit einem optischen Messgerät, einem so genannten Pulsoximeter, kann man daher messen, ob im Blut genügend Sauerstoff vorhanden ist. Ursache eines Sauerstoffmangels kann beispielsweise ein angeborener Herzfehler sein.

So lautete auch der Verdacht bei einem 4-jährigen Jungen, der in die Kinderklinik des Universitätsklinikums Bonn eingeliefert wurde. Nach ausführlicher Untersuchung fanden die Ärzte um Dr. Andreas Hornung jedoch keinen Herzfehler. Auch bei dem 41-jährigen Vater des Jungen war zuvor bereits eine niedrige Sauerstoffsättigung im Blut festgestellt worden – ebenfalls, ohne dass man einen Herzfehler festgestellt hatte.

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Neue Variante des Blutfarbstoffs entdeckt

Dr. Berndt Zur vom Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie untersuchte daraufhin das Hämoglobin des Jungen und des Vaters und entdeckte schließlich, dass es sich um eine neue Variante des Blutfarbstoffs handelte.

„Das Pulsoximeter wird als Clip auf einen Finger gesetzt und durchleuchtet ihn mit Infrarotstrahlung“, erklärt er. „Unbeladenes Hämoglobin schluckt Infrarotlicht. Je geringer der Sauerstoffgehalt des Blutes, desto weniger Licht durchdringt den Finger und kommt beim Sensor des Oximeters an.“

Das Hämoglobin Bonn absorbiert aber auch im beladenen Zustand etwas mehr Infrarotlicht als normales sauerstoffgesättiges Hämoglobin. „Deshalb haben wir zuerst nicht verstanden, warum die Patienten keine besonderen gesundheitlichen Probleme hatten“, sagt Zur.

Angst vor Herzfehler unbegründet

Jeder Mensch hat zwei Haupt-Herzkammern. Die eine pumpt das Blut durch die Arterien zur Lunge, wo das Hämoglobin Kohlendioxid abgibt und Sauerstoff aufnimmt. Die andere pumpt das von der Lunge kommende Blut, das mit Sauerstoff gesättigt ist, zu jeder Körperzelle. Die beiden Herzkammern müssen im Herzen durch eine Wand getrennt sein, damit sich nicht das sauerstoffreiche mit dem sauerstoffarmen Blut vermischt.

Manche Menschen haben aber ein Loch in dieser Scheidewand. In solchen Fällen zeigt das Pulsoximeter einen Sauerstoffmangel an. Ärzte werten diesen daher als Zeichen für einen Herzfehler. Eine weitere Ursache ist das so genannte Schlaf-Apnoe-Syndrom. Bei Betroffenen setzt im Schlaf mitunter mehr als eine Minute lang die Atmung aus. Der Vater des 4-Jährigen hatte daher auch einige Zeit eine nächtliche Sauerstoffbehandlung bekommen.

„Wenn wir das Hämoglobin Bonn vorher gekannt hätten, hätten Vater und Sohn die Angst vor einem Herzfehler oder dem Schlaf-Apnoe-Syndrom erspart bleiben können“, erklärt Zur.

(idw – Universität Bonn, 18.03.2008 – DLO)

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