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Technik

Leistungsschub für drahtlose Netzwerke

Prinzip der Mehrfachantennen-Systeme praxistauglich

Prototyp einer MIMO-Station mit vier Antennen, Grösse 25 Zentimeter auf zwölf Zentimeter. © Gruppe Prof. Bölcskei/ ETH Zürich

Schweizer Forschern ist es mittels Mehrfachantennen-Technik gelungen, die Übertragungsraten von konventionellen drahtlosen Netzwerken von bisher 54 Megabit pro Sekunde (Mbps) auf 216 Mbps zu vervierfachen.

Die Theorie der Informationsübertragung sagt aus, dass bei der drahtlosen Kommunikation innerhalb eines bestimmten Frequenzbands nur eine limitierte Menge an Daten übermittelt werden kann. Seit dem Aufzeigen dieser Grenzen vor 60 Jahren versucht man die von der Physik vorgegebenen Limits möglichst effizient zu erreichen.

Angesichts der wachsenden Bedeutung von Mobiltelefonnetzen und WLAN-Verbindungen suchen Wissenschaftler nach neuen Wegen, mehr Daten zu übertragen als bisher möglich war – denn Übertragungskapazitäten sind ein knappes und daher auch kostbares Gut.

Botschaften aus dem Stimmengewirr

Dank der so genannten MIMO-Technik ist es möglich, mehrere Sender und Empfänger im gleichen Frequenzband gleichzeitig miteinander kommunizieren zu lassen. MIMO steht für „Multiple Input Multiple Output“. Sende- und Empfangsgerät verfügen über mehrere Antennen.

„Es ist, als ob mehrere Menschen gleichzeitig mit mehreren anderen Menschen sprechen würden“, erläutert Helmut Bölcskei, Professor am Institut für Kommunikationstechnik der ETH Zürich, das Prinzip. „Auf den ersten Blick scheint es zwar, dass jeder Zuhörer nur ein unverständliches Stimmengewirr wahrnimmt. Wenn die Zuhörer aber das Stimmengewirr geschickt kombinieren, können sie die ursprünglichen Botschaften herausfiltern.“

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Übertragen auf die drahtlose Kommunikation heißt dies nun, dass man so bedeutend mehr Informationen übermitteln kann als mit bestehenden Verfahren.

Praxistauglichkeit bewiesen

Bereits vor mehr als drei Jahren hatten die ETH-Forscher in einer ähnlichen Versuchsanlage den Beweis erbracht, dass die MIMO-Technik funktioniert – allerdings damals mit lediglich einem Nutzer. Bis vor kurzem blieb jedoch unklar, ob und wie die Kapazitätsgewinne auch in komplexen Netzwerken mit mehreren Nutzern umgesetzt werden können.

Dies herauszufinden ist das Ziel des europäischen Forschungsprojekts „MASCOT“ (Multiple-Access Space-Time Coding Testbed), an dem die ETH Zürich mit dem Institut für Kommunikationstechnik und dem Institut für Integrierte Systeme beteiligt ist. Zu diesem Zweck wurde der an diesen beiden Instituten entwickelte Prototyp erweitert.

Die Zürcher Forscher konnten sowohl theoretisch als auch anhand Ihrer Testanlage erstmals zeigen, dass das Prinzip der Mehrfachantennen- Systeme tatsächlich für den Einsatz in komplexen drahtlosen Netzwerken praxistauglich ist.

Kompaktes Mehrnutzersystem

Dabei gelang es ihnen, ein kompaktes Mehrnutzersystem mit gegenwärtig drei Stationen im Labormaßstab zu bauen, in dem jede Station über vier Antennen sendet oder empfängt. Damit konnte für jeden der drei Nutzer eine Ausnützung des Frequenzbereichs erreicht werden, die im Vergleich zu heutigen WLAN- Netzwerken bis zu vier Mal höher liegt.

Ein Kernpunkt des Forschungsprojekts war die Entwicklung von Verfahren zur Decodierung der Signale, welche das Signalgewirr im Empfänger im Hinblick auf eine praktische Realisierung möglichst effizient entflechten können. Dabei sahen sich die Forscher mit gegensätzlichen Anforderungen konfrontiert: Je mehr Antennen und Teilnehmer das System besitzt, desto mehr Daten können im Prinzip übermittelt werden, desto anspruchsvoller ist aber auch die Decodierung.

Da die Antennen in Geräte eingebaut werden sollen, die kostengünstig herzustellen sind, müssen die Signale mit einem möglichst preiswerten, das heißt kleinen Chip decodiert werden. Je kleiner der Chip ist, desto weniger Rechenleistung steht jedoch zur Verfügung.

Bereit für WLAN-Anwendungen

Dank eines tieferen Verständnisses der theoretischen Grundlagen von Mehrfachantennen-Systemen konnten die Forscher leistungsfähige Decodier-Algorithmen entwickeln, welche wesentlich weniger Chipfläche beanspruchen. Die an der ETH Zürich entwickelten Empfänger sind heute so effizient, dass die neue MIMO-Technik ohne weiteres in handelsübliche Laptops und WLAN-Stationen eingebaut werden könnte.

Bei Mobiltelefonen dürfte es noch etwas länger dauern, bis die MIMO-Technik zum Einsatz kommt, denn die bisher verfügbaren Antennen müssen für eine zuverlässige Datenübertragung einen gewissen Abstand haben. Man ist daher noch auf die Entwicklung verbesserter Antennen angewiesen.

(idw – Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich), 14.03.2008 – DLO)

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