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Technik

Superscharfer Videoclip aus der Zelle

Wissenschaftler filmen erstmals einen zellulären Vorgang mit Nanoauflösung

Die Pfeile zeigen die weiteren Bewegungen der Vesikel in den darauffolgenden Bildern an. Die Aufnahmezeit pro Bild beträgt 35 Millisekunden. © Hell/ MPI für biophysikalische Chemie

Die Vorgänge im Inneren von Zellen in Echtzeit zu verfolgen, davon träumten Biologen seit langem vergeblich. Jetzt jedoch ist es Forschern mithilfe der STED-Mikroskopie gelungen, das erste Video auf der Nanoskala aus dem Inneren einer lebenden Zelle auf Film zu bannen. Erstmals wurde so die Fortbewegung mit Botenstoffen gefüllter Bläschen in Nervenzellen live mitverfolgt. Die Methode wurde in der aktuellen Ausgabe von „Science Express“ veröffentlicht.

Schafft man es, Lebensvorgänge im Innersten unserer Zellen detailliert zu verfolgen, kann man leicht verstehen, was sich in ihnen abspielt. Doch scharf zu sehen, war lange Zeit nur mit Elektronen- oder Rastersondenmikroskopie möglich – aber nicht im Inneren einer lebenden Zelle. Die Lichtmikroskopie wiederum ermöglicht zwar berührungsfreie Untersuchungen, allerdings waren diese bisher nicht scharf genug.

Von der STED-Mikroskopie zum STED-„Film“

Mit seinem neu entwickelten „Stimulated Emission Depletion“ (STED)-Mikroskop konnte Stefan Hell, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, bereits vor einigen Jahren die Auflösung der Fluoreszenz-Mikroskopie dramatisch steigern, die lange Belichtungszeit für ein einzelnes Bild erlaubte es aber nicht, Bewegungen aufzunehmen.

Jetzt ist es den Physikern Volker Westphal, Marcel Lauterbach und Stefan Hell in Zusammenarbeit mit dem Biologen Silvio Rizzoli vom Göttinger Exzellenzcluster „Mikroskopie im Nanometerbereich“ erstmals gelungen, auch schnelle Bewegungsvorgänge innerhalb der Zelle direkt auf Film zu bannen. Die Wissenschaftler konnten die Belichtungszeit für eine einzelne Aufnahme so drastisch verkürzen, dass sie Bewegungsvorgänge mit einer Auflösung von 65 bis 70 Nanometern – also 3- bis 4-mal besser als die Beugungsgrenze – in Echtzeit einfangen. Als Untersuchungsobjekt dienten den Forschern dabei lebende Nervenzellen.

Bewegungen winziger Transportbläschen live verfolgt

Zwischen Nervenzellen werden Signale über Botenstoffe übertragen, die von der Senderzelle abgegeben und von der Empfängerzelle erkannt werden. Diese Botenstoffe werden in speziellen Bläschen („Vesikeln“) bereits auf Vorrat gehalten. Den Wissenschaftlern gelang es, die schnelle Bewegung dieser kleinen Vesikel in den Nervenendigungen mit bis zu 28 Bildern pro Sekunde aufzuzeichnen. Mit einer Größe von 40 Nanometern sind auch diese Vesikel winzig – etwa 1000 von ihnen passen auf die Breite eines Haares. Unter dem Mikroskop konnten die Forscher direkt in bisher ungekannter Schärfe mitverfolgen, wie sich die schnellen Vesikel über die gesamte Länge der Nervenendigungen bewegten.

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„Dabei binden sie zwischendurch an Zellstrukturen und lösen sich wieder von diesen ab“, beschreibt Silvio Rizzoli die Geschehnisse in den Nervenendigungen. Diese Erkenntnisse ermöglichen Wissenschaftlern wichtige neue Einblicke in die Prozesse bei der Signalübertragung zwischen Nervenzellen. „Damit konnten wir erstmals zeigen, dass man dynamische Lebensvorgänge in Echtzeit aufnehmen kann – und zwar mit einer Auflösung, die bisher nur mit dem Elektronenmikroskop möglich war“, fasst Stefan Hell den Entwicklungssprung in der Mikroskopie zusammen.

Tor zu neuer Skala des Lebens

Aber nicht nur Vorgänge, die bei der Übertragung von Signalen zwischen Nervenzellen eine Rolle spielen, lassen sich mit der STED-Mikroskopie klären. So erwarten Forscher, dass sich zukünftig damit viele Fragen der biologischen und medizinischen Forschung beantworten lassen.

Ziel von Stefan Hell und seinen Mitarbeitern ist es nun, das Aufnahmeverfahren weiter zu optimieren. Für dessen Anwendung sieht Hell ein enormes Potential: „Erstmals Vorgänge auf der Nanoskala zu filmen, war ein wichtiger Schritt. Es stößt ein Tor auf zu neuen Erkenntnissen auf der molekularen Skala des Lebens – ein Tor, von dem man lange Zeit annahm, dass es das gar nicht gibt.“

(MPG, 03.03.2008 – NPO)

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