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Genetik

Karte enthüllt genetische Vielfalt der Völker

Genvarianten spiegeln Wanderungsbewegungen des Menschen wider

Ausschnitt aus der Weltkarte der Genvariationen. Die Farben repräsentieren unterschiedliche genetische Typen. © Martin Soave/ University of Michigan

Wie variantenreich ist das menschliche Genom? Und wo lebten unsere direkten Vorfahren? Genau diese Fragen können nun erstmals mit einer weltweiten Karte der menschlichen Genvarianten beantwortet werden. Genauer als je zuvor können Wissenschaftler darin auch die Wanderungsbewegungen der Menschheit und die genetischen Unterschiede innerhalb einzelner Volksgruppen nachvollziehen.

Die jetzt in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie basiert auf einer Kombination verschiedener genetischer Methoden zum Genvergleich. Wissenschaftler unter Leitung von Noah Rosenberg von der Universität von Michigan und Andrew Singleton vom National Institute on Aging durchsuchten die DNA von 485 Menschen aus 29 verschiedenen Populationen und fünf Kontinenten und verglichen dabei drei Arten der genetischen Variation: so genannte Einzelnukleotid-Polymorphismen, Veränderungen eines „Genbuchstabens“, Haplotypen, Veränderungen eines „Genwortes“ und CNVs, Löschungen oder Verdopplungen von ganzen Seiten des genetischen Codes.

Insgesamt erfassten die Forscher damit mehr als 500.000 DNA-Marker im menschlichen Genom und erreichten eine Detailtiefe von mehr als dem Hundertfachen aller bisherigen Studien. „Unsere Studie ist eine der ersten in einer neuen Welle von extrem hochauflösenden Genscans der gentischen Variation von Populationen“, erklärt Rosenberg. „Jetzt, wo wir die Technologie besitzen, um tausende und sogar hundertausende von genetischen Markern anzuschauen, können wir auf Beziehungen menschlicher Populationen und alte Wanderungsbewegungen in besserem Detail schließen als jemals zuvor.“

Gen-Vielfalt in Afrika am größten

Die Ergebnisse der Durchmusterung bestätigen die Theorie, dass sich die Menschheit von Afrika aus erst in den Mittleren Osten, dann nach Europa und Asien, die pazifischen Inseln und zuletzt nach Amerika ausgebreitet hat. Denn die in der Studie gefundene genetische Vielfalt nahm ab, je weiter eine Menschengruppe von Afrika, der Wiege der Menschheit, entfernt lebte.

Menschen afrikanischer Herkunft sind genetisch am unterschiedlichsten, gefolgt von Bewohnern des Nahen Ostens, Asiaten und Europäern. Die geringste Variationsbreite entdeckten die Forscher bei den Ureinwohnern Amerikas. Diese Erkenntnis hat auch Konsequenzen für die Suche nach Krankheitsgenen, denn sie zeigt, dass in Afrika weitaus detailliertere Untersuchungen nötig sind als beispielsweise bei den nordamerikanischen Indianern.

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Abstammung bis auf die Population genau nachvollziehbar

Die Ergebnisse bestätigen auch die Hypothese von den so genannten seriellen „Gründer-Effekten”. Gemeint sind damit Untertypen von genetischer Variation, die die nacheinander ablaufenden Wanderungswellen aus Afrika in eine Region widerspiegeln. Die Genauigkeit der neuen Methodik ermöglicht es sogar erstmals, die Abstammung einer Person auf eine einzelne Population innerhalb einer geographischen Region zurück zu verfolgen. Bisher war nur die Einengung auf eine grobe Region möglich.

„Dieser Datensatz liefert einen sehr viel umfassenderen Querschnitt des menschlichen Genoms als vorherige Studien“, so Paul Scheet, Biostatistiker an der Universität von Michigan. „Der nächste Schritt wäre die Sequenzierung ganzer Genome“, ergänzt sein Kollege Mattias Jakobsson. „Wenn man 500 Individuen nehmen würde und alles sequenzieren, dann könnte man nahezu jede wichtige Variante erfassen, die es dort draußen gibt.“

(University of Michigan, 22.02.2008 – NPO)

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