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Astronomie

Mars jetzt in 3D

Dreidimensionale digitale Geländemodelle der Marsoberfläche im Internet

Scan-Prinzip der Stereokamera beim Erfassen der Topografie © DLR/ESA/FU Berlin

Dank der Mars-Sonde Mars Express gibt es nun erstmals die Möglichkeit, präzise 3D-Informationen über die Marsoberfläche auszuwerten. Aus Daten der hochauflösenden Stereokamera HRSC sind zum ersten Mal dreidimensionale Geländemodelle entstanden, die – im Internet veröffentlicht – in hoher Auflösung Form und Höhen von Gräben, Tälern, Kratern, Bergmassiven und Vulkanen zeigen.

Digitale Geländemodelle erlauben es den Forschern, das Gelände unmittelbar in seiner dreidimensionalen Gestalt zu erfassen. Die Kenntnis der Topographie ist von großer Bedeutung, um die Geologie des Planeten besser verstehen zu können. Gewöhnliche Fotos aus der Vogelperspektive können die Planetenoberfläche zwar gestochen scharf bis in kleinste Details abbilden, doch fehlt in ihnen eine wichtige Information: Wie hoch oder wie tief sind die Strukturen, die auf den Bildern zu sehen sind? Das herausragende Merkmal des HRSC-Systems auf Mars Express ist, die Marsoberfläche dreidimensional darzustellen.

Höhenangaben dank Stereo-Effekt

Das außergewöhnliche Aufnahmeprinzip der Kamera erlaubt es, zu jedem Bildpunkt (Pixel) auch die dazugehörige Höheninformation abzuleiten. Zur Erzeugung eines digitalen Geländemodells macht man sich den Stereo-Effekt zu nutze: Die Beobachtung der Landschaft unter unterschiedlichen Blickwinkeln, ganz ähnlich dem Prinzip, mit dem der Mensch mit zwei Augen seine Umwelt sieht.

Bei früheren Planetensonden wurde dies meist durch zweimaliges Überfliegen und Fotografieren derselben Region aus nahe beieinander liegenden Umlaufbahnen bewerkstelligt. Dies brachte jedoch Nachteile mit sich, beispielsweise, dass die Oberflächen immer zu unterschiedlichen Zeiten zu sehen waren. Die HRSC ist das erste Kamerasystem, das Stereo-Aufnahmen aus nur einer Umlaufbahn ermöglicht – indem mehrere quer zur Flugrichtung angeordnete lichtempfindliche Zeilen, die von der Sonde überflogenen Gebiete unter verschiedenen Winkeln gleichzeitig abscannen.

Der Olympus Mons ist mit über 24 Kilometern Höhe der höchste Vulkan im Sonnensystem. An seiner Basis hat der Vulkan einen Durchmesser von etwa 600 Kilometern. Das Bild ist ein Mosaik aus der Vogelperspektive mit überlagerten, farbkodierten Höheninformationen und zeigt die unterschiedlichen Höhenzonen des Olympus Mons. © ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

Dazu wird im Routinebetrieb die Kamera durch Schwenken der Planetensonde senkrecht zur Marsoberfläche ausgerichtet. Im Aufnahmemodus tastet die HRSC nacheinander und zeilenweise mit ihren neun lichtempfindlichen Detektoren die Oberfläche unter neun verschiedenen Beobachtungswinkeln in und gegen die Flugrichtung des Orbiters ab – in vier Stereo- und vier Farbkanälen, sowie dem senkrecht auf die Oberfläche blickenden Nadirkanal.

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Geländemodelle wichtig für offene Fragen der Marsforschung

Nach mehreren Jahren Kamerabetrieb und Datenprozessierung hat das HRSC-Team nun topographische Bilddaten von weiten Teilen der Marsoberfläche fertig gestellt. Aus den neuen DGMs vom Mars können die Wissenschaftler nun leicht Hangneigungen, die Tiefe von Tälern oder die Mächtigkeit und Fließrichtung von erkalteten Lavaströmen ermitteln. Insbesondere sind die Daten wichtig bezüglich der Frage, wie und in welche Richtungen das Wasser strömte, das in der Frühzeit des Planeten über dessen Oberfläche floss.

Einen weiteren Fortschritt bringen die DGMs auch bei der Auswertung von Messungen mit anderen Instrumenten. So können zum Beispiel die Daten, die mit dem Radarexperiment MARSIS (Mars Advanced Radar for Subsurface and Ionosphere Sounding) von Mars Express aufgezeichnet werden, viel besser interpretiert werden. Um die Tiefe, in der die Radarsignale von MARSIS unter der Oberfläche reflektiert werden, genau angeben zu können, muss die Topographie der Oberfläche bekannt sein.

Zehn Meter Auflösung über Millionen von Quadratkilometern

Die Mars Express-DGMs bilden den detailreichsten topographischen Datensatz, der je für den Mars berechnet wurde. Der Datensatz wurde durch die Verarbeitung der einzelnen Bildstreifen erzeugt, die von der HRSC aus der Marsumlaufbahn aufgenommen wurden. Einzelbildstreifen wurden dann zu Mosaiken zusammengefügt, die große Gebiete des Mars abdecken, dessen gesamte Fläche von 145 Millionen Quadratkilometern etwa der Fläche aller Kontinente auf der Erde entspricht. Die hochauflösenden Bilddaten zeigen bis zu zehn Meter kleine Details auf dem Mars. Die Pixelauflösung der DGMs beträgt bis zu 50 Meter, mit einer Höhengenauigkeit von bis zu zehn Metern.

Die Bildauflösung der HRSC wird durch die elliptische Umlaufbahn von Mars Express bestimmt, die den Orbiter bis etwa 250 Kilometer nahe an den Planeten heranführt. Bis zum Ende der Mission wird die HRSC – so oft es geht – zahlreiche weitere Einzelbildstreifen bei größter Annäherung der Sonde an den Mars aufnehmen, um die Lücken in der globalen Abdeckung schließen zu können. Das HRSC-Team wird weitere digitale Geländemodelle aus den bis zum vorläufigen Missionsende im Mai 2009 gewonnenen Stereobilddaten erzeugen.

Neu: Geländemodelle jetzt für alle

Eine erste globale Karte der Mars-Topographie wurde um die Jahrtausendwende von der NASA-Sonde Mars Global Surveyor erzeugt, die ein Laser-Höhenmessgerät mit sich führte. Die vielen Millionen Messpunkte des Höhenmessgerätes, der Mars Observer Laser Altimeter (MOLA), sind in der dritten Dimension zumeist hochgenau, liegen jedoch gelegentlich mehrere Kilometer voneinander entfernt. Die HRSC ist jedoch in der Lage, zu jedem Bildpunkt, also flächendeckend die Höheninformation anzugeben.

Im bisherigen Missionsverlauf wurden DGMs ausschließlich zur Bearbeitung einzelner wissenschaftlicher Fragestellungen erzeugt; durch zusätzliche Mittel werden nun Mars-DGMs einer breiten wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Mars Express DGMs sind zugänglich im Planetary Science Archive (PSA) der ESA und dem Planetary Data System (PDS) der NASA.

(DLR, 06.02.2008 – NPO)

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