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Geowissen

Verlorene Stadt als Wiege des Lebens?

Hydrothermale Schlote der „Lost City“ produzieren chemische Bausteine des Lebens

Forscher nehmen Gasproben an hydrothermalen Schloten. Das Bild zeigt neu entstandene Karbonatminerale und - oben rechts - Bakterienfilamente, die in den warmen Strömungen schweben. © University of Washington, IFE, URI-IAO, NOAA

Lag die Wiege des Lebens unter Wasser? Die hydrothermalen Schlote der Ozeane gelten immerhin als viel versprechende Kandidaten dafür. Eines dieser Ventfelder erzeugt sogar Kohlenwasserstoffe, Moleküle, die als Bausteine des Lebens gelten. Das berichtet ein internationales Forscherteam jetzt in „Science“.

Verbindungen aus den unterschiedlichsten Kombinationen von Kohlenstoff und Wasserstoff sind der Schlüssel zu nahezu allem Leben. Einfache Kohlenwasserstoffketten bilden beispielsweise Zellmembranen, Aminosäuren sind nichts anderes als kurze Kohlenwasserstoffketten mit zusätzlichen Atomen wie Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel. „Die Erzeugung von Kohlenwasserstoffen war der erste Schritt, sonst wäre die Erde unbelebt geblieben“, erklärt Giora Proskurowski, einer der beiden Hauptautoren der Studie.

Ungewöhnliches Ventfeld aus „Weißen Rauchern“

Einige Wissenschaftler vermuten, dass diese ersten Bausteine des Lebens möglicherweise sogar aus dem All kamen, mitgebracht von Meteoriten. Andere jedoch sehen eher geologische Prozesse auf der Erde als Quelle, und halten die hydrothermalen Schlote am Meeresgrund für einen dieser Orte. Aus diesen in geologisch aktiven Zonen liegenden Vents quillt sehr heißes, mineralreiches Wasser aus den Tiefen des Untergrunds ins Meerwasser.

Während die schon länger bekannten Schwarzen Raucher vor allem eine dunkle Brühe aus eisen- und schwefelhaltigen Mineralien ausstoßen, besteht ein anderer Typ von hydrothermalen Schloten aus fast reinem Karbonatgestein und erscheint eher weißlich bis hellgrau. Eine ganze Ansammlung dieser Schlote entdeckten Wissenschaftler im Jahr 2000 auf dem Mittelatlantischen Rücken, rund 3.700 Kilometer östlich von Florida. In dem „Lost City“ getauften Ventfeld erheben sich Schlotriesen mehr als 50 Meter über den Meeresgrund – höher als jemals zuvor entdeckt.

Extrem hohe Kohlenwasserstoffkonzentration

Interessant aber ist vor allem, was aus den Vents der “Verlorenen Stadt” herauskommt: Denn das mit rund 90 Grad im Vergleich zu den Schwarzen Rauchern eher gemäßigt warme Wasser enthält außergewöhnlich viele Kohlenwasserstoffe. Ihre Konzentration liegt bei dem Zehn- bis Hundertfachen der bisher bei Vents bekannten. Sie entstehen durch eine Reaktion des angewärmten Meerwassers mit dem hier nur knapp unter der Oberfläche liegenden Mantelgestein des Untergrunds und sind ungewöhnlich komplex.

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„Lost City ist außergewöhnlich, weil die chemischen Reaktionen im Meeresboden Acetat, Formiat, Wasserstoff und alkalische Flüssigkeiten erzeugen”, erklärt Deborah Kelley, Professorin an der Washington Universität und zweite Hauptautorin der Studie. Alle diese Substanzen gelten als Schlüsselfaktoren für die Entstehung des Lebens und könnten zudem wichtige Energiequellen für die Vorfahren der heutigen methanfressenden Bakterien sein.

Eindeutig nicht-biologischen Ursprungs

Das spezifische Isotopenverhältnis der Kohlenwasserstoffe schließt nach Angabe der Wissenschaftler aus, dass sie aus der Atmosphäre oder der Biosphäre stammen. „Die Entdeckung dieser organischen Bausteine aus einer nicht-biologischen Quelle ist ein Indiz in unserer Suche nach den Ursprüngen des Lebens auf diesem Planeten und auch auf anderen Planeten“, so Proskurowski.

Obwohl bisher kein weiteres Ventfeld wie die „Lost City“ gefunden wurde, ist sich Kelley sicher, dass es andere dieser Art geben muss. Denn es existieren zahlreiche Stellen am Meeresboden, an denen das Mantelgestein durch die geologische Aktivität angehoben wurde und damit in Kontakt mit Meerwasser kommen kann.

(Woods Hole Oceanograhic Institution, 01.02.2008 – NPO)

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