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Raumfahrt

Fische im freien Fall

TEXUS-Forschungsraketen starten mit neuen Experimenten am 31. Januar und 7. Februar 2008

Detailaufnahme eines Schwerelosigkeitsexperiments in der TEXUS-Rakete. © DLR

Schwerkraftwahrnehmung von Pflanzen, Metalllegierungen in der Schwerelosigkeit und Fische im freien Fall: Diese und andere Experimente stehen im Mittelpunkt der beiden nächsten Flüge innerhalb des Wissenschaftsprogramms TEXUS (Technologische Experimente unter Schwerelosigkeit). Am 31. Januar und 7. Februar 2008 werden die beiden Forschungsraketen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) von Kiruna in Nordschweden starten.

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Während des parabelförmigen unbemannten Fluges in einer Höhe von maximal 270 Kilometern herrscht für etwa sechs Minuten Schwerelosigkeit. Diese nutzen die Wissenschaftler aus deutschen Universitäten und der Industrie zur Beantwortung der biologischen, materialwissenschaftlichen und physikalischen Fragen.

Insgesamt sechs der geplanten Experimente werden von deutschen Forschern geleitet. Mittels Datenübertragung vom Boden aus werden diese Versuche überwacht und bei Bedarf über Telekommando direkt gesteuert. Die in einer zylindrischen, rund drei Meter langen Leichtmetall-Struktur untergebrachten Geräte landen etwa 20 Minuten nach dem Start an einem Fallschirm.

Metalllegierungen in der Schwerelosigkeit

Im Mittelpunkt der Mission TEXUS-44 am 31. Januar 2008 steht die Elektromagnetische Levitationsanlage (EML), eine Vorrichtung zum Schmelzen von Metallproben im schwebenden Zustand. Mit ihr erforschen Wissenschaftler des DLR in Köln und der Universität Ulm in drei Experimenten thermophysikalische Eigenschaften von Metalllegierungen. Diese Erkenntnisse sind insbesondere für die Optimierung industrieller Gießprozesse wichtig.

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In der Schwerelosigkeit sind in der Levitationsanlage wesentlich genauere Messungen möglich als in irdischen Labors, da die notwendigen elektromagnetischen Haltekräfte zum gezielten Schweben der Probe äußerst gering sind. Störende Strömungen in der flüssigen Metallprobe werden dadurch wesentlich reduziert. Die Forscher gewinnen somit hochpräzise Daten, die für realitätsnahe Computersimulationen wichtig sind und bei modernen Herstellungsverfahren immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Schwerkraftwahrnehmung von Pflanzen

Ein weiteres Experiment wird von der Universität Bonn durchgeführt. Dabei messen Biologen die Schwerkraftwahrnehmung von Pflanzen. Spezielle Zellen in der Wurzelspitze lösen, wenn sich die Richtung der Schwerkraft ändert, bestimmte biochemische Prozesse aus. Dies führt wiederum zu einer kontrollierten Wachstumsreaktion der Wurzel.

Im Experiment wird insbesondere die frühe Reizverarbeitung und Signalweiterleitung auf molekularer Ebene am Beispiel der Ackerschmalwand-Pflanze (Arabidopsis thaliana) und von Maispflanzen untersucht.

Fische im freien Fall

Auf dem TEXUS-Flug 45 am 7. Februar 2008 werden auch Fische einen Ausflug ins All unternehmen. Unter Schwerelosigkeit leiden Menschen oft an einer Bewegungskrankheit, der so genannten Kinetose, die der Seekrankheit ähnelt. Die Gründe für Kinetosen liegen in der Art begründet, wie der Körper Schwerkraft wahrnimmt. Dies geschieht bei Menschen und Wirbeltieren durch kleine Schweresteinchen, die Otolithen. Sie befinden sich im Innenohr und dienen als zentraler Bestandteil der Schwerkraftsensoren. Die Otolithen bestehen im Wesentlichen aus Kalk. Die Mineralisation der Otolithen wird vom Gehirn gesteuert und ist individuell unterschiedlich effektiv. Dadurch kann es passieren, dass diese Innenohrstrukturen asymmetrisch aufgebaut werden.

An Buntbarschen im Larvenstadium – als Modellsystem für Wirbeltiere – konnten Wissenschaftler im Rahmen früherer Experimente herausfinden, dass die Anfälligkeit für Kinetosen von der unterschiedlichen Mineralisierung von Schweresteinen im Innenohr abhängt. Im Experiment möchten die Forscher der Universität Stuttgart-Hohenheim bestimmen, inwieweit die in den einzelnen Fischen unterschiedlich verlaufende Otolithen-Mineralisierung ihre jeweilige Anpassung an die Schwerelosigkeit beeinflusst.

Spraykühlung und Kapillarströmung auf TEXUS-45

Bei vielen technischen Verfahren werden Flüssigkeiten auf heiße Wände gesprüht. Dies geschieht beispielsweise bei der Kraftstoffverbrennung, der Metallerzeugung oder beim chemischen Kühlen menschlichen Gewebes. Ziel eines Experimentes der Technischen Universität Darmstadt ist es, die Hydrodynamik und die Wärmeübertragung beim Sprayaufprall auf eine beheizte Oberfläche genauer zu verstehen und dadurch die Auslegungsmethoden von Spraykühlungsprozessen zu verbessern.

In einem dritten Versuch auf TEXUS-45 beschäftigen sich Wissenschaftler des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen gemeinsam mit ihren Kollegen vom Institut de Mécanique des Fluides aus Toulouse mit den Zwei-Phasen-Strömungen in Kapillarkanälen. Die Ergebnisse dieses Experimentes tragen zur Beantwortung grundlegender Fragen der Strömungsmechanik bei. Ganz konkret wollen die Forscher mehr über die Flüssigkeitshandhabung unter Schwerelosigkeit wissen, um etwa die Treibstoffförderung in den Tanks von Raumfahrzeugen und Satelliten zu verbessern.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 30.01.2008 – DLO)

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