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Medizintechnik

Schlagendes Herz im Labor gezüchtet

Zellloses, totes Gewebe diente als Gerüst für lebende Herzvorläuferzellen

Wissenschaftlern ist es gelungen, vollständige schlagende Herzen im Labor zu produzieren. Wie sie jetzt in Nature Medicine berichten, züchteten sie die funktionstüchtigen Organe aus dem zelllosen Herzgerüst toter Ratten, das durch eine Mixtur aus lebenden Herzvorläuferzellen wieder neu belebt wurde.

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Millionen Menschen weltweit leben mit einem Herzfehler und warten auf eine lebensrettende Transplantation. Doch Spenderherzen sind rar. Obwohl es bisher Fortschritte darin gab, Herzgewebe im Labor zu züchten, scheiterte die Medizin immer daran, ein dreidimensionales Gerüst zu erstellen, das die komplexe Herzarchitektur abbildet und genauso funktioniert wie ein natürliches Herz. Mithilfe einer neuen Methode, der so genannten Dezellularisation, ist dies nun einem Forscherteam unter Leitung von Doris Taylor, Direktorin des Center for Cardiovascular Repair an der Universität von Minnesota, gelungen.

Zellloses Gerüst als Schablone für Herzzellen

„Im Prinzip nutzen wir die Plattform der Natur um ein bioartifizielles Herz zu erzeugen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Bei der Dezellularisation werden alle Zellen aus einem Organ entfernt – übrig bleibt nur die extrazelluläre Matrix, das Gerüst zwischen den Zellen. Die Forschenden injizierten anschließend eine Mischung von Herzgewebe-Vorläuferzellen, gewonnen aus neugeborenen Ratten in die Struktur und ließen das Ganze im Labor wachsen.

Die Ergebnisse waren vielversprechend: Vier Tage nach dem „Impfen“ der Herzgerüste beobachteten die Forschenden bereits erste Kontraktionen. Nach acht Tagen pumpten die Herzen. „Wenn Sie einen Schnitt dieses neuen Herzens zerschneiden, sehen sie die zurückgekehrten Zellen darin“, erklärt Taylor. „Die Zellen haben viele der Marker, die wir mit dem Herzen assoziieren und scheinen zu wissen, wie sich Herzgewebe zu verhalten hat.“ „Wir haben einfach die Bausteine der Natur selbst genommen und daraus ein neues Organ gebaut“, ergänzt Harald C. Ott, Mitarbeiter der Studie. „als wir die ersten Kontraktionen sahen, warne wir sprachlos.“

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Chance für Organtransplantationen

Beide sind optimistisch, dass diese Entdeckung auch dazu beitragen könnte, die Knappheit von Spenderorganen zu beheben. „Die Idee dahinter ist es, transplantierbare Blutgefäße oder ganze Organe zu entwickeln, die aus den jeweils eigenen Zellen des Patienten stammen“, so Taylor. Damit könnte nicht nur die die Wartezeit auf eine Transplantation verkürzt werden, sondern auch die meist lebenslange Notwendigkeit der Transplantierten, immunsuppressive Medikamente gegen die Abstoßungsreaktion nehmen zu müssen.

Obwohl das erste Ziel während der Forschungen die Reparatur des Herzens war, zeigt die Dezellularisation vielversprechendes Potenzial, generell die Art und Weise zu verändern, in der die Medizin über die Erzeugung von Organen denkt. „Wir nutzen unreife Herzzellen in dieser Version, um das Konzept erstmal zu belegen“, erklärt die Forscherin. „Aber zukünftig ist es unser Ziel, die Stammzellen der Patienten zu nutzen, um daraus ein neues Herz zu machen. Es öffnet eine Tür zur Idee, dass es möglich werden könnte, jedes Organ so zu erzeugen. Egal ob Niere, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse – wir hoffen wir können es herstellen.“

(University of Minnesota, 16.01.2008 – NPO)

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