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Neurobiologie

Wurm hilft Forschern im Schlaf

Ruhephase als „Umbaupause“ für das Nervensystem

Fadenwurm C. elegans © USDA

Ein winziger Fadenwurm könnte den Schlüssel zu einem der zentralen biologischen Rätsel in sich tragen: der Frage, warum wir schlafen. Denn in „Nature“ haben jetzt Wissenschaftler nachgewiesen, dass auch Caenorhabditis elegans, der Modellorganismus der Genetik und Physiologie, einen schlafähnlichen Zustand besitzt. Gleichzeitig entdeckten sie auch die Mitwirkung eines bekannten Gens an der Schlafregulation

Nahezu alle Tiere einschließlich des Menschen besitzen eine Form des Schlafs. Der Ursprung und die biologische Funktion dieses Ruhezustands sind bisher jedoch nur in Teilen bekannt. Eine Studie des Neurologen David M. Raizen und seiner Kollegen an der Universität von Pennsylvania könnte nun der Schlafforschung einen wertvollen neuen Ansatzpunkt liefern. Denn die Wissenschaftler wiesen erstmals nach, dass auch der nur Millimeter große Fadenwurm Caenorhabditis elegans in seiner Entwicklung eine Phase reduzierter Bewegung durchlebt, die schlafähnliche Eigenschaften aufweist.

Bedeutsam ist dies vor allem deshalb, weil dieser Fadenwurm eine der genetisch und entwicklungsphysiologisch am besten und intensivsten untersuchten Tierarten weltweit ist. C.elegans besitzt eine stabile, immer gleiche Zellzahl, die die Erforschung der Entwicklung von Zelllinien und Organen im Laufe der Embryonalentwicklung erleichtert. Zudem war der Wurm 2003 auch der erste genetisch vollständig entschlüsselte Vielzeller. Diese Eigenschaften machen ihn auch für die Schlafforscher zu einem spannenden Modell.

Schlaf als „Umbaupause“

„Ähnlich wie Menschen während des Schlafs weniger sensibel sind, ist es auch der Wurm während seiner Lethargus-Phase“, erklärt Raizen. „Und wie auch die Menschen bei Schlafmangel schneller und tiefer in den Schlaf fallen, so geht es auch dem Wurm.“ Mit dem schlafenden Wurm ist nicht die große Verbreitung des Schlafs im Tierreich aufs Neue belegt, die Forscher entwickelten aus ihren Beobachtungen auch eine erste Hypothese zum biologischen Zweck des Schlafens.

Die Lethargus-Phase bei Caenorhabditis trifft zeitlich mit einer Periode zusammen, in der zahlreiche Änderungen an den Nervenverbindungen des Wurms stattfinden. Nach Ansicht der Forscher könnte die Ruhephase daher eine Voraussetzung für diesen neuronalen Umbau sein. An Säugetieren hatten zuvor bereits andere Wissenschaftler gezeigt, dass Schlafentzug tatsächlich diese so wichtigen synaptischen „Umbauarbeiten“ massiv stört.

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Bekanntes Gen mit unbekannter Wirkung

Doch auch auf genetischer Ebene haben Raizen und sein Team Neues entdeckt. Sie identifizierten ein enzymkodierendes Gen, das zwar bereits bekannt ist, nicht jedoch im Zusammenhang mit der Regulation des Schlafs. Besonders spannend daran: Dieses Gen kommt auch beim Menschen vor und könnte daher einen neuen Ansatzpunkt auch für die Erforschung von Wirkstoffen gegen Schlafstörungen liefern. „Es eröffnet eine ganz neue Richtung unserer Forschungen zur Funktionen des Schlafs“, erklärt Allan I. Pack, Leiter des Zentrums für Schlafforschung an der Universität von Pennsylvania.

(University of Pennsylvania School of Medicine, 16.01.2008 – NPO)

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