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Biologie

Auch Zebrafinken orientieren sich am Erdmagnetfeld

Neue Hypothesen zur Wirkung von elektromagnetischen Feldern auf den Organismus

Nicht nur Zugvögel, sondern auch Vögel, die keine längeren Wanderungen unternehmen wie Zebrafinken nutzen das Erdmagnetfeld, um sich zu orientieren. Dies haben jetzt deutsche Forscher in einer neuen Studie herausgefunden.

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Sie dressierten in einem Experiment die Tiere darauf, eine Futterquelle im Norden oder Süden zu finden. Drehten die Wissenschaftler danach das Magnetfeld mit einem Spulensystem um 90 Grad, so suchten die Vögel die versteckte Futterquelle im Osten oder Westen.

Elektromagnetische Felder als Gesundheitsgefahr

Vom Menschen erzeugte elektromagnetische Felder sind als „Elektrosmog“ bekannt. Besonders die von Handys erzeugten Magnetfelder stehen seit langem unter Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein, ohne dass es dafür bisher handfeste Beweise gibt.

Weniger bekannt ist, dass nicht nur Tiere, sondern auch Menschen ein Sinnessystem besitzen, das für die Wahrnehmung von magnetischen Feldern vorgesehen ist. So benutzen viele Tiere das Erdmagnetfeld zur Orientierung.

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Das Bielefelder Forscherteam um den Biologen Professor Hans-Joachim Bischof und Joe Voß hat sich das Ziel gesetzt aufzuklären, über welche Mechanismen und mit welchen Sinnessystemen schwache Magnetfelder wahrgenommen werden können. Außerdem untersucht sie, wie sich künstliche elektromagnetische Felder auf diese Wahrnehmungsleistung und auf Sinnessysteme auswirken.

Ein bemerkenswertes Zwischenergebnis ist nun der Nachweis, dass sich nicht nur Zugvögel am Erdmagnetfeld orientieren, sondern auch der standorttreue Zebrafink. Dieser Nachweis gelang der Studentin Nina Keary in ihrer von Joe Voß betreuten Diplomarbeit.

Nebenaufgabe des Sehsystems

Menschen nehmen Magnetfelder nicht bewusst wahr und nutzen sie daher auch nicht für die eigene Orientierung. Aber ihre Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden und das Auflösevermögen der Augen werden von Änderungen des Magnetfeldes beeinflusst. Darüber gibt es eine große Zahl von Fallstudien, die einen Einfluss von Magnetfeldern auf das Befinden vermuten lassen, diesen aber nicht wissenschaftlich belegen.

Eisenpartikel und Pigmente als Rezeptoren

Bis heute ist nicht endgültig geklärt, mit welchem Rezeptor Magnetfelder wahrgenommen werden. Bei Untersuchungen an Zugvögeln, und auch bei den Bielefelder Versuchen an Zebrafinken, haben sich zwei Möglichkeiten herauskristallisiert: So besitzen Vögel einerseits an ihrem Schnabel eine Unzahl von winzigen Eisenpartikeln, die durch das Magnetfeld wie Kompassnadeln abgelenkt werden könnten. Um diese Partikel herum sind freie Nervenenden angeordnet, die diese Ablenkungen messen und die Ergebnisse der Messungen ins Gehirn übertragen könnten.

Andererseits könnten auch Pigmente in den Fotorezeptoren des Auges als Rezeptoren dienen. Änderungen der Magnetfeldrichtung würden dann zur jeweiligen Aktivierung unterschiedlicher Pigmentgruppen führen, was letztlich zum Gewinn relevanter Information für die Orientierung führen würde. Die bisherigen Ergebnisse machen es wahrscheinlich, dass die Magnetfeldwahrnehmung eine „Nebenaufgabe“ des Sehsystems ist.

Nie wieder „Elektrosmog“?

Versuche an Zugvögeln haben gezeigt, dass deren Fähigkeit zur Magnetorientierung durch bestimmte hochfrequente Wechselfelder gestört werden kann. Weil Zebrafinken im Gegensatz zu Zugvögeln ganzjährig zur Verfügung stehen, sind mit ihnen umfangreiche Testserien auf Grundlage der bisherigen Forschungsergebnisse möglich. So können die Vögel auch in elektromagnetischen Wechselfeldern getestet werden, die durch Geräte des täglichen Gebrauchs erzeugt werden.

In ihrer Doktorarbeit wird sich Nina Keary neben der weiteren Aufklärung der basalen Mechanismen der Magnetfeldwahrnehmung besonders dem Einfluss von künstlichen elektromagnetischen Feldern auf die untersuchten Wahrnehmungsmechanismen widmen. Folgende Effekte sind dabei nach Angaben der Bielefelder Forscher denkbar. Erstens: Nur elektromagnetische Felder mit einem relativ begrenzten Frequenzumfang stören die Magnetfeldwahrnehmung. In diesem Fall könnten die störenden Frequenzen bestimmt werden und diese Information in Zukunft genutzt werden, um störungsfreie Trägerfrequenzen im Mobilfunkbereich oder anderen relevanten Anwendungen zu etablieren.

Zweitens: Die Störung der Magnetfeldwahrnehmung bewirkt sekundäre Effekte auf die Funktion des visuellen Systems. Diese Effekte sind nicht bewusst wahrnehmbar, führen aber, wie bestimmte unterhalb der Bewusstseinsschwelle ablaufende Effekte künstlicher visueller Stimulation (z.B. durch die Wechselfrequenz von Leuchtstoffröhren) zu Unwohlsein. Auch hier können die Ergebnisse herangezogen werden, um täglich genutzte Hardware zu verbessern und für den Organismus verträglicher zu gestalten.

(idw – Universität Bielefeld, 11.01.2008 – DLO)

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