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Chemie

Proteine bringen Ordnung ins Wasser

Neue Erkenntnisse über die Proteinfaltung

Wassermoleküle tanzen um ein Protein (grün) herum © idw - Ruhr-Universität Bochum

Es ist besonders die Art der Faltung, die bei Proteinen ihre Funktion bestimmt – ein dynamischer Prozess, der sehr schnell abläuft. Bei der Untersuchung dieses „Tanzes“ der Proteine hat man bislang den Partner außer Acht gelassen: das Wasser. Dieses Zusammenspiel zwischen Wasser und Proteinen haben Forscher nun mittels Terahertz-Spektroskopie beobachtet. So konnten sie erstmals zeigen, dass Proteine die Bewegungen des umgebenden Wassernetzwerkes über weite Bereiche beeinflussen.

Etwa 1.000 Wasser-Moleküle werden dabei durch ein Protein „auf Linie gebracht“: Bewegen sie sich ohne Protein so ungeordnet wie eine Gruppe Diskotänzer, so gehen sie in der Nähe eines Proteins eher zu einem Menuetttanz über, so die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Science PNAS.

Tanzpartner vergessen

Der Fokus bei Untersuchungen der Proteinfaltung lag bisher ausschließlich auf den Bewegungen des Proteingerüstes und der Seitenketten. „Man vermutet aber, dass die schnellen Bewegungen des Wassers, insbesondere ihre Kopplung mit der Proteinbewegung, eine wichtige Rolle bei der Proteinfaltung und somit auch -funktion spielen“, erklärt Professorin Martina Havenith-Newen von der Ruhr-Universität Bochum (RUB), die zusammen mit Kollegen aus Illinois und Nevada an der neuen Studie beteiligt war. Fundamentale Fragen, die bisher unbeantwortet geblieben sind: Wie weit reicht der Einfluss der Proteine? Ändern sich die schnellen Wasserbewegungen bei Annäherung zweier Proteine?

Absorption der Terahertzstrahlung erlaubt Rückschlüsse

Die Entwicklung von leistungsstarken Laserquellen im Terahertz (THz)-Bereich eröffnen der Forschung nun ganz neue Möglichkeiten: Abhängig von seinem Zustand absorbiert das Wasser die Terahertzstrahlung nämlich auf charakteristische Weise – dadurch werden Rückschlüsse möglich. Ein Beispiel: Während bei 370 Kelvin (97°C) nur 0,7 Prozent der Strahlung (bei einer Frequenz von circa 1,5 THz) eine 100 Mikrometer dicke Wasserschicht durchdringen, sind es bei 270 Kelvin (-3°C) schon 40 Prozent. Eis ist also wesentlich transparenter für Terahertzstrahlung als Wasser.

Der Grund dafür liegt in den winzigen, schnellen Schwingungen, in denen sich Netzwerke aus Wassermolekülen ständig befinden. Sie dauern weniger als eine Picosekunde (eine Billionstelsekunde) und werden bestimmt durch ein Wegstreben der Wassermoleküle voneinander und der Rotationen gegeneinander. Gefrorenes Wasser absorbiert bei einer anderen Frequenz die Strahlung als flüssiges Wasser. Jede Messung im THz Bereich ist daher charakteristisch für den Zustand des Wassers.

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Menuett statt Disko

Die Forscher machten sich nun den Umstand zunutze, dass die Schwingungen von Wassernetzwerken sich nicht nur durch die Temperatur ändern, sondern auch durch die Nähe von Proteinen.

„Man kann sich das so vorstellen, dass ein Protein die Wassermoleküle in seiner Umgebung in eine gewisse geordnete Bewegung bringt“, erläutert Havenith-Newen. „Die Bewegung des unbeeinflussten Wassers ähnelt dem Tanz von Diskotänzern, es bestehen lockere Bindungen zum nächsten Partner, die nach einer Zeit aufbrechen. Wasser in Proteinnähe tanzt eher ein Menuett. Die Bewegung ist koordinierter und die Bindung zum nächsten Partner hält länger.“ Die Folge ist, dass Wasser in der Nähe von Proteinen weniger THz-Strahlung durchlässt. Dieses Phänomen macht es möglich, die Auswirkungen von Proteinen auf Wasser direkt zu beobachten. Die Forscher schließen aus der Menge der absorbierten Strahlung auf den Zustand des Wassers zurück.

Weitreichender Einfluss

„Anhand unserer Messungen konnten wir erstmals zeigen, dass Proteine die schnellen Bewegungen des Wassernetzwerkes über weite Bereiche beeinflussen“, erläutert die Chemikerin. Rund 1.000 Wassermoleküle werden durch ein Protein in ihren Netzwerkbewegungen beeinflusst. Ein solch weitreichender Effekt, der bis zu einem Abstand von 15 bis 20 Angström (1 Å = ein Zehntel Nanometer) messbar ist, wurde zwar in Simulationen vorhergesagt, konnte aber experimentell bisher nicht beobachtet werden.

Dabei zeigte sich mit Hilfe der neuen Messungen, dass der Einfluss deutlich über den Bereich hinaus reicht, in dem statische Änderungen der Struktur, wie zum Beispiel lokale Dichteänderungen beobachtet werden können (~ 3 Å). „Langfristig bleibt zu klären, welche Rolle der Terahertz-Tanz des Wassers mit dem Protein für seine biologische Funktion spielt“, stellt Havenith-Newen fest.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 19.12.2007 – DLO)

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