Je länger und heißer die Röstung, desto dunkler der Röstkaffee. Die Farbstoffe, die bei dieser Röstung entstehen, heißen Melanoidine. Wissenschaftler erforschen jetzt die physiologische Wirkung dieser komplexen Moleküle. Sie vermuten, dass die Röststoffe des Kaffees die Ausbreitung von Tumorzellen hemmen können.
Lange Zeit hat sich die Lebensmittelforschung eher auf die Aroma- und andere Inhaltsstoffe des Kaffees konzentriert: Die magenreizende Wirkung von Koffein und Kaffeesäuren wurde zum Beispiel ausführlich untersucht. Die physiologische Wirkung von Substanzen, die erst bei der Röstung entstehen, wurde dagegen bislang eher wenig erforscht.
Melanoidine bilden sich während der Röstung der Kaffeebohnen über die so genannte Maillard-Reaktion durch Umsetzung von Zuckern mit Aminosäuren, Peptiden oder Proteinen. Sie sind verantwortlich für die typische braune Farbe des Kaffeegetränkes.
Röststoffe „fangen“ Radikale
Bereits seit längerem bekannt ist die Tatsache, dass Melanoidine als Radikalfänger im Körper antioxidativ wirken können. Neu ist nun jedoch die Beobachtung, dass sich insbesondere die hochmolekularen Melanoidin-Verbindungen auf ihrem Weg durch den Darm an bestimmte Metalle wie zum Beispiel Zink binden können.
Eine bestimmte Art von Enzymen, die so genannten Matrix-Metalloproteasen (MMPs), benötigen Zink aber, um chemisch wirken zu können. MMPs werden folglich von den Farbstoffen in ihrer Wirkung gehemmt. Nun bilden auch Krebszellen MMPs, um sich im Gewebe ausbreiten zu können. Könnte es also sein, dass Kaffee hilft, die Entstehung von Tumoren zu hemmen?
Melanoidine als Hemmstoffe
Letitia de Marco von der Technischen Universität Dresden nahm sich dieses Themas im Rahmen ihrer Promotion an. Sie hat untersucht, welche zinkhaltigen Enzyme durch die Melanoidine des Kaffees gehemmt werden. Es stellte sich heraus, dass es spezifische strukturelle Aspekte gibt, die die Melanoidine des Kaffees nur mit ganz bestimmten zinkhaltigen Enzymen reagieren lassen – eines davon wird durch schädliche Tumore überproportional produziert. Zum ersten Mal hat sie so zumindest im Reagenzglas nachweisen können, dass die Melanoidine, die im Kaffee enthalten sind, als spezifische Hemmstoffe für einzelne MMPs fungieren können.
Der nächste Schritt der Forscherin wird sein, herauszufinden, ob sich die MMPs auch in lebenden Zellkulturen hemmen lassen. Dann könnte Kaffee nämlich wirklich auf eine ganz neue Art in den Fokus der Mediziner geraten: als therapiebegleitendes Heilmittel. Bis dahin, so Professor Thomas Henle, der die Kaffee-Forschung leitet, sollte man erst einmal seinen Adventskaffee ganz entspannt genießen. Die Untersuchung der bioaktiven Wirkung von Röstkaffee steht nämlich noch ganz am Anfang.
(idw – Technische Universität Dresden, 06.12.2007 – DLO)