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Materialforschung

Blaues Erz als Stromproduzent

Forschern gelingt Durchbruch bei thermoelektrischen Materialien

Kristallstruktur einer Barium-Platin-Germanium-Verbindung © TU Wien

Skutterudite zählten früher zu den wichtigsten Erzen für das Blaufärben von Porzellan. Aufgrund besonderer Eigenschaften können sie aber auch Wärme in Strom umwandeln. Wissenschaftern ist nun ein Durchbruch bei diesen so genannten thermoelektrischen Materialien gelungen. Sie haben eine völlig neue Familie von Skutteruditen entdeckt, die auf giftige Materialien wie Arsen verzichtet und daher wesentlich vielseitiger einsetzbar ist.

„Thermoelektrika“ heißt das Zauberwort. Gemeint ist damit eine Gruppe von Stoffen, zu denen Skutterudite gehören. Sie sind so konzipiert, dass sie aus Wärme, zum Beispiel Abwärme, Elektrizität gewinnen oder mit Hilfe von Strom Kälte erzeugen. Auf diese Weise kommen beispielsweise Kühlaggregate ohne Motor und Kühlmittel aus, weil Elektronen deren Aufgaben übernehmen.

„Bekannte Skutterudite basieren auf Festkörperverbindungen aus elektropositiven Elementen (Barium, Strontium, Lanthan), so genannten Übergangsmetallen wie Cobalt, Rhodium oder Iridium sowie aus Pnictogenen wie Phosphor, Arsen oder Antimon. Die letzten drei Elemente sind problematisch, Arsen ist sogar giftig. Nun haben wir sie in einer Barium-Platin-Verbindung durch Germanium ersetzt und damit das erste Beispiel einer neuen Generation von Skutteruditen kreiert“, erklärt Ernst Bauer vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien.

Zusammen mit seinen Kollegen Peter Franz Rogl und Raimund Podloucky von der Universität Wien möchte er die neuen Erkenntnisse nutzen, um noch leistungsfähigere thermoelektrische Materialien zu finden. Im Rahmen eines Forschungsprojektes mit der AVL List GmbH Graz soll mit Hilfe solcher Stoffe Elektrizität aus der Abwärme von Motoren gewonnen werden, so die Wissenschaftler in den Fachzeitschriften „Physical Review Letters“ und „Advanced Materials“.

Kristallstruktur in Käfigform

Die Kristallstruktur der neuen Skutterudite basiert auf einer Käfigform – cage forming compound -, die dem Material seine mechanischen und elektrischen Eigenschaften verleiht. Germanium als sehr stabiles Element, ersetzt nun vollständig die Pnictogenatome des Kristalls. Im Käfig selbst erproben die Wissenschafter unterschiedliche, schwach gebundene Elemente, die die physikalischen Eigenschaften außerordentlich stark beeinflussen.

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Bauer: „Elektropositive Atome befinden sich im Zentrum des Käfigs und bestimmen direkt thermische und elektrische Eigenschaften des Materials, wie zum Beispiel die thermische Leitfähigkeit oder den Seebeckeffekt. Neben diesen für Anwendungen wichtigen Eigenschaften zeigen die neu gefunden Skutterudite ‚SrPt4Ge12‘ und ‚BaPt4Ge12‘ überraschend das makroskopische Quantenphänomen der Supraleitung. Dabei verschwindet zum Beispiel unterhalb einer kritischen Temperatur von circa fünf Kelvin der elektrische Widerstand vollständig. Strom wird dann verlustfrei geleitet.“

Germanium, das vielfach zu halbleitenden Eigenschaften von Festkörpern führt, stellt gerade in diesen Verbindungen den Großteil jener Elektronen zur Verfügung, die Supraleitung bewirken.

Färbemittel erobert Materialforschung

Einst bescherten Skutterudite dem Ort Skutterud in Norwegen Wohlstand und lieferten die blauen Farbpigmente für chinesisches Porzellan. Davor konnten diese nur aus dem teuren Edelstein Lapislazuli hergestellt werden. Nun sind sie auch zu einer reichen Fundgrube für Materialwissenschafter geworden, die Grundlagen und angewandte Forschung miteinander verknüpfen.

(TU Wien, 21.11.2007 – DLO)

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