Mal riecht es nach frischer Erde, mal gammelig, muffig und unangenehm: Methylisoborneol. Die Substanz ist außer in der Erde manchmal auch im Trinkwasser und in Speisefischen zu finden und wird ausschließlich von Bakterien produziert. Forscher haben jetzt erstmals nachgewiesen, wie die Mikroorganismen den Duftstoff herstellen. Sie berichten über die Ergebnisse ihrer Studie in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie.
Für den Menschen ist Methylisoborneol nicht schädlich. Aber fast jeder empfindet den Geruch in Verbindung mit Trinkwasser als äußerst unangenehm und abschreckend. Selbst frisches Wasser gilt als ungenießbar, sobald die Substanz darin wahrgenommen wird. Schon in geringsten Konzentrationen von nur zehn Nanogramm pro Liter wird sie von unseren Nasen erschnuppert.
Wasserwerke entfernen Methylisoborneol daher bei der Trinkwasseraufbereitung mit hohem Aufwand. Auch in Fischen kann sich der flüchtige Stoff anreichern, die dann aufgrund des typischen „Schlammaromas“ als ungenießbar gelten. Für die unangenehme Wirkung des Methylisoborneols auf Menschen hat Professor Stefan Schulz vom Institut für Organische Chemie der Technischen Universität Braunschweig eine Hypothese entwickelt. „Offensichtlich schreckt uns der Geruch in Verbindung mit allem, was wir essen und trinken möchten, so vehement ab, weil er ein drastisches Warnsignal aussendet. Aber welchen Sinn macht diese Warnung, wenn die Substanz an sich harmlos ist?“ fragt Schulz.
Geruch als Warnsignal
„Interessanterweise produzieren einige der Bakterien, die auch das Methylisoborneol herstellen, gleichzeitig für den Menschen hoch giftige Stoffe. Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt und in stehenden Gewässern vorkommend, können sehr gefährliche Toxine herstellen, die man aber nicht riechen kann. Der Mensch hat womöglich im Laufe der Evolution gelernt, den penetranten Geruch als Warnsignal für diese Gefahr zu deuten.“, so Schulz.
Die Lebensmittelindustrie ist deshalb an Forschungsergebnissen zu Methylisoborneol besonders interessiert. Auf der Basis der Ergebnisse, die das Institut für Organische Chemie gemeinsam mit Wissenschaftlern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und an der Universität Saarbrücken erarbeitet hat, können Forscher nun nach den Genen suchen, die für die Synthese von Methylisoborneol verantwortlich sind, und später zum Beispiel die entsprechenden Produktionsmechanismen in den beteiligten Bakterien hemmen.
Auf der Suche nach dem Sinn der Düfte und Aromen
Die Chemiker sind über diese Anwendungsmöglichkeiten hinaus grundsätzlich an der Biosynthese von Aromen interessiert. „Wir wollen genau wissen, warum Bakterien Gerüche produzieren“, erläutert Schulz. „Wer denkt schon an Bakterien, wenn er einen guten Käse und ein Glas Rotwein genießt, wenn er den stinkenden Biomüll hinausträgt oder beim Spaziergang eben diesen erdigen Duft von Methylisoborneol in die Nase bekommt? All diese Gerüche und Aromen werden von Bakterien hergestellt.“
Doch welche Funktion erfüllen sie in der Natur und wie haben sich die Geschmacks- und Geruchsrezeptoren im Menschen im Laufe der Evolution darauf eingestellt? Wie und warum Aromen entstehen, ist bisher nur wenig erforscht. Schulz‘ Vision ist es, eine Kartographie aller von Bakterien produzierten Duftstoffe darzustellen und ihre Funktion im Zusammenspiel der Lebewesen zu erforschen.
(idw – Technische Universität Braunschweig, 19.11.2007 – DLO)