Wir Menschen sind Herdentiere: Werden wir sozial isoliert, löst dies Angst oder Aggression aus. Jetzt haben Wissenschaftler festgestellt, dass die Auswirkungen der Isolation sogar über das rein Psychologische hinausgehen. Denn auch die Konzentrationen eines Enzyms, das die Produktion eines wichtigen Hirnbotenstoffs steuert, wird verändert.
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Vorherige Studien haben gezeigt, dass die Gehirnregion der Amygdala eine Schlüsselrolle für die neuronalen Stoffwechselwege, die Aggression, Ängstlichkeit oder Angstzustände auslösen, spielt. Die Amygdala gilt als das Zentrum der Emotionssteuerung. Wissenschaftler der Universität von Illinois in Chicago haben an Mäusen untersucht, was bei sozialer Isolation in dieser Gehirnregion vor sich geht.
„Wir nutzen ein Tiermodell für menschlichen Stress, weil soziale Isolation sowohl bei Tieren als auch beim Menschen für eine ganze Bandbreite psychologischer Effekte verantwortlich ist, darunter Angst, Aggression und Gedächtnisstörungen“, erklärt Erminio Costa, Leiter des psychologischen Instituts der Universität von Illinois und Professor für Biochemie.
Enzymkonzentrationen als Schlüssel
Die Forscher suchten bei ihrer Studie gezielt in den Gehirnzellen der Amygdala nach Veränderungen in der Konzentration zweier Enzyme, die für die Produktion von Allopregnanolon nötig sind. Dieser Hirnbotenstoff trägt zur Stressreduktion bei, indem er GABA, einen wichtigen Neurotransmitter reguliert.
Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift “Proceedings of the National Academy of Sciences” berichten, war bei den Mäusen in „Einzelhaft” tatsächlich die Konzentration eines der beiden Enzyme, die so genannte Typ I 5-Alpha-Reduktase, um nahezu 50 Prozent reduziert. Das andere Enzym blieb dagegen unverändert.
Signalstörung stört Emotionszentrum
Nach Ansicht der Forscher könnte die Reduktion der Typ I 5-Alpha-Reduktase und die daraus resultierende Senkung des Hormonspiegels von Allopregnanolon die Funktion der neuronalen Signalwege stören, die zur Amygdala führen. Diese „Signalstörung“ des so wichtigen Emotionszentrums im Gehirn könnte möglicherweise erklären, warum die isolierten Mäuse zu aggressivem und ängstlichen Verhalten neigten.
„Menschen reagieren auf Stress sehr ähnlich”, so Alessandro Guidotti, wissenschaftlicher Leiter der Universität von Illinois und Spezialist für Biochemie in der Psychiatrie. „Indem wir den Mechanismus identifizieren, könne wir nun vielleicht auch Wirkstoffe finden, mit denen sich diese Stresseffekte behandeln lassen.“
(University of Illinois at Chicago, 15.11.2007 – DLO)