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Evolution

Artbildung geht auch ohne räumliche Trennung

Feuersalamander-Forschung widerspricht traditioneller Lehrmeinung

Feuersalamander © Universität Bielefeld

Der Feuersalamander hat Wissenschaftlern zu einem großen Schritt bei der Aufklärung von Artbildungsprozessen verholfen. Denn wie sie in der Zeitschrift „Molecular Ecology“ berichten, hat sich in einem kleinen Waldgebiet bei Bonn eine Population des Feuersalamanders in zwei genetisch differenzierte Gruppen aufgetrennt. Damit ist dies ein Beleg für die Entstehung einer neuen Art, obwohl beide Populationen nicht voneinander isoliert sind.

Es gibt wohl wenige Fragen innerhalb der Evolutionsbiologie und vielleicht innerhalb der Biologie überhaupt, die schon so lange und so kontrovers diskutiert werden, wie die Frage der Entstehung einer neuen Art. 125 Jahre nach dem Tod von Charles Darwin muss diese zentrale Frage der Evolutionsforschung immer noch als weitgehend ungeklärt angesehen werden.

In den letzten 15 Jahren ist jedoch deutlich geworden, dass Arten auch in relativ kurzen Zeitspannen von wenigen hundert Generationen ohne die postulierte räumliche Trennung und lange Isolation entstehen können – also unter sympatrischen Bedingungen. Die Mechanismen, die diesem Artbildungsprozess zugrunde liegen, sind bisher jedoch vor allem theoretisch formuliert worden, eine Bestätigung dieser Mechanismen in natürlichen Untersuchungssystemen hat dagegen bisher kaum stattgefunden.

Wider die Lehrbuchmeinung

Wissenschaftler der Universität Bielefeld um Sebastian Steinfartz haben dies nun in enger Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Köln geändert. Sie belegten eine sympatrische Artbildung an Feuersalamandern. Dieser Beleg steht damit im Gegensatz zur noch immer vorherrschenden Lehrbuchmeinung, die besagt, dass Artbildungsprozesse vor allem „allopatrisch“, durch räumliche Trennung und sehr lange Isolation, erfolgen. Zugleich zeigt er deutlich, dass die Erforschung von Artbildung nicht zwangsläufig an ferne, tropische Gebiete gebunden sein muss, sondern auch direkt vor unserer Haustür stattfinden kann.

Anpassungen als treibende Kraft

Besonders bemerkenswert ist an den jetzt veröffentlichten Ergebnissen, dass die entdeckte genetische Differenzierung spezifische Lebensraumanpassungen der Feuersalamander widerspiegelt – nämlich an die Fortpflanzung in stehenden Gewässern einerseits und an die Fortpflanzung in fließenden Gewässern andererseits. Dies muss als ein Prozess der durch Anpassung an unterschiedliche Lebensräume erfolgten so genannten „adaptiven“ Artbildung angesehen werden.

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Da die Feuersalamander erst nach der letzten Eiszeit den Kottenforst vor rund 6.000 bis 8.000 Jahren wiederbesiedelt haben können, handelt es sich hierbei um ein frühes Stadium der adaptiven Artbildung. Gerade dies ist jedoch für die Wissenschaft hochinteressant, da in diesem Stadium am ehesten die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Form der Entstehung neuer Arten untersucht werden können.

Die Identifizierung der Differenzierungs- und möglichen Artbildungsmechanismen soll nun in den kommenden Jahren in ganz verschiedenen Projekten untersucht werden. Hierbei ist die Kenntnis allgemein biologischer Parameter wie das spezifische Ausbreitungs- und Wanderverhalten als auch das Reproduktionsverhalten der Feuersalamander enorm wichtig, um die genetischen Befunde korrekt interpretieren zu können.

(Universität Bielefeld, 06.11.2007 – NPO)

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