Manche Landschneckenarten tragen auf ihrem Gehäuse zur Tarnung eine Schicht aus Erdkrümeln. Wie die Partikel auf die Schale kommen, war bisher allerdings ungeklärt. Doch jetzt hat ein Biologe eine Schnecke auf frischer Tat ertappt und ihr beispielloses Verhalten enträtselt, wie er in der Fachzeitschrift „Zoological Science“ berichtet.
Der Biologe Christoph Allgaier von der Eberhard Karls Universität Tübingen untersuchte die Tarnung einer besonders bizarr getarnten Schnecke namens Napaeus barquini und entdeckte dabei Überraschendes: Die auf der kanarischen Insel La Gomera an flechtenüberwachsenen Felswänden lebende Art fertigt ihr eindrucksvolles Tarnkostüm selbst. Sie weidet Flechtenstücke vom felsigen Untergrund ab und modelliert das Material während des Aufbringens auf dem Gehäuse mit dem Mund zu langen, abstehenden Höckern.
Höckerbau macht Tarnung effektiv
Die Mächtigkeit der aufgesetzten Flechtenhöcker kann dabei bis zum Hundertfachen der eigentlichen Schalendicke betragen. Auch an der entferntesten Stelle der Schale wird Flechtenmaterial mit dem Mund aufgebracht, da die Schnecke in der Lage ist, sich verblüffend weit aus ihrem Gehäuse herauszustrecken. Selbst junge Schnecken sind dazu in der Lage. Dank dieser Tarnung sind die Umrisse der Schneckenschale auf den offenen Felsflächen kaum noch auszumachen.
Nach Ansicht des Forschers ist dies vermutlich eine Anpassung an natürliche Feinde wie Vögel und Eidechsen. Durch Allgaiers Untersuchung wurde erstmals bei einer getarnten Landschnecke nachgewiesen, dass der Tarnüberzug auf der Schale vom Tier selbst aufgebracht wird. Es handelt sich im Gegensatz zu bisherigen Vermutungen um einen aktiven Vorgang.
Doch auch die Form der seltsamen Tarnhöcker der untersuchten Art sind einzigartig: Eine solche Stachelkappe ist bisher von keiner anderen Art bekannt. In allen bislang bekannten Fällen tarnen sich die Schnecken nur mit einem flachen Überzug auf ihrer Schale.
(Universität Tübingen, 26.10.2007 – NPO)