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Physik

Forscher berechnen elektromagnetisches Wurmloch

Tarnkappen-Technologie ist auch in Röhrenform möglich

Licht fließt um den Meta-Material Tunnel © University of Rochester

Im letzten Jahr bewies ein Team von amerikanischen Mathematikern, dass eine „Tarnkappe“ theoretisch machbar ist. Jetzt haben die Forscher gezeigt, dass mithilfe derselben Technologie auch ein elektromagnetisches Wurmloch erzeugt werden kann. Wie, das berichten sie jetzt im Fachmagazin „Physical Review Letters“.

Die aktuelle Technologie kann Objekte nur für Radar- und Mikrowellen-Strahlung unsichtbar machen, aber in der mathematischen Theorie ist dieser „Tarnkappeneffekt” längst auch für Strahlung anderer Wellenlängen möglich. Bereits im letzen Jahr hatten Allan Greenleaf und seine Mitarbeiter von der Rochester Universität in New York dies belegt. Jetzt haben sie in Zusammenarbeit mit finnischen, britischen und amerikanischen Kollegen eine Variation ihrer Tarnkappe kreiert, eine Art unsichtbaren Tunnel zwischen zwei Punkten im Raum.

„Stellen sie sich vor, sie würden Harry Potters unsichtbar machenden Mantel um ein Rohr wickeln“, erklärt Greenleaf. „Wenn das Material nach unseren Spezifikationen erzeugt wurde, kann man ein Objekt an einem Ende hinein schieben, zuschauen, wie es verschwindet, während es sich durch den Tunnel bewegt, und dann sehen, wie es am anderen Ende wieder erscheint.“ Mithilfe der theoretischen Mathematik entwickelten die Forscher ein Instrument, das die elektromagnetischen Wellen so ablenkt, dass ein solcher unsichtbarer Tunnel entsteht. Auf der Basis dieser Formeln könnten dann Schichten aus künstlich hergestellten und maßgeschneiderten Materialien produziert werden, die die Tarnkappen-Eigenschaften besitzen.

Unsichtbare Scheibe, die Mikrowellen um sich herumlenkt

Bereits im letzten Jahr produzierten David R. Smith, Professor für Computer- und Elektrotechnik an der Duke Universität und seine Kollegen eine unsichtbare Scheibe, die Mikrowellen um sich herumlenkt. Greenleaf und seine Kollegen nutzen nun eine etwas komplexere Geometrie, um festzustellen, welche Eigenschaften ein Metamaterial aufweisen muss, damit es den Effekt des unsichtbaren Tunnels auslöst.

Professor Allan Greenleaf © University of Rochester

Sie berechneten auch, welche zusätzlichen optischen Effekte auftreten würden, wenn das Innere des Wurmlochs mit einer Auswahl von hypothetischen Metamaterialien ausgekleidet werden würde. Wenn unsere Sicht auf die Frequenzen des Lichts beschränkt wäre, in denen das Wurmloch funktioniert, würde man, wenn man an einem Ende des Tunnels hinein sieht, ein verzerrtes Bild des anderen Endes sehen. Abhängig von der Länge des Wurmlochs und der Häufigkeit, in der das Licht in seinem

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Inneren reflektiert wird, könnte man eine Art Fischaugen-Verzerrung oder aber ein Bildpuzzle ähnlich den optischen Täuschungen von Escher sehen.

Anwendungen sehen Greenleaf und Co. unter anderem in der Medizin: Endoskopische Operationen unter MRT-Kontrolle sind heute noch relativ schwierig, da die starken Magnetfelder des MRT-Geräts die Werkzeuge der Chirurgen beeinflussen und die Werkzeuge wiederum die MRT-Bilder verzerren. Nach Ansicht des Forschers könnte hier das elektromagnetische Wurmloch Abhilfe schaffen. Werden die Werkzeuge durch ein Wurmloch geführt, so dass nur die Spitze herausschaut, ließe sich die Verzerrung auf ein Minimum reduzieren, da sie dann auch für das Magnetfeld unsichtbar wären.

Realität oder Fiktion?

Auch eine weitere Anwendung, die eher nach Science Fiction klingt, können sich die Wissenschaftler vorstellen: eine Art 3D-Fernseher. Wenn die Metamaterialien fähig wären, alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts zu beugen, könnte man tausende von ihnen aus einem Kasten entspringen lassen und wie ein Büschel Gras in den Raum hineinragen lassen. Die Wurmlöcher selbst wären unsichtbar, doch an ihrem Ende träte jeweils ein winziger Lichtpunkt aus. Zusammengenommen entstünde daraus ein Bild aus tausend Pixeln, das scheinbar frei in der Luft schwebt.

Die Umsetzung solcher Ideen, räumt Greenleaf allerdings ein, ist noch Zukunftsmusik. Selbst wenn die Mathematik besagt, dass all dies theoretisch möglich ist, müssen nun die Ingenieure und Materialforscher erst einmal die Materialien für funktionierende Prototypen erschaffen.

(University of Rochester, 15.10.2007 – NPO)

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