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Physik

Magnetische Atome im Kreisverkehr

Physikalisches Phänomen könnte die Entwicklung besserer Festplattenspeicher ermöglichen

Auch das Polarlicht verdankt seine Entstehung dem Magnetismus © US Air Force

Es gibt rechts- und linksdrehende Joghurtkulturen, rechts- und linksdrehende Schneckengehäuse, rechts- und (seltener) linksdrehende Schrauben. Wissenschaftler haben nun nachgewiesen, dass es auch rechts- und linksdrehende „Magnetwirbel“ gibt. Dieses physikalische Phänomen könnte einst den Bau schnellerer und sicherer Festplattenspeicher ermöglichen. Die Physiker berichten in der Zeitschrift „Nature“ über ihre Entdeckung.

Einen magnetischen Wirbel kann man sich wie eine Art Kreisverkehr vorstellen. Anstelle von Autos sind hier jedoch magnetisierte Atome im Kreis angeordnet. Sie bilden gewissermaßen einen Ring von winzig kleinen Stabmagneten. Wirklich bewegen tut sich im atomaren Kreisverkehr nichts. Dennoch hat er eine Richtung: Wenn die „Nordpole“ alle in Uhrzeigerrichtung zeigen, ist der Magnetwirbel „rechtsdrehend“, ansonsten ist er „linksdrehend“.

„Man vermutet seit einigen Jahren, dass es solche atomaren Verkehrskreisel gibt“, erklärt der Bonner Physiker Professor Dr. Manfred Fiebig. „In der Nature-Studie haben wir in einer Substanz namens Lithiumkobaltphosphat nun tatsächlich derartige Wirbel gefunden und mit Hilfe eines laseroptischen Verfahrens ihre Richtung bestimmt.“ In Anlehnung an den Begriff „Ferromagnetismus“ nennen die Autoren – neben Fiebig der Niederländer Bas Van Aken sowie die Genfer Physiker Hans Schmid und Jean-Pierre Rivera – das Phänomen „Ferrotoroidizität“.

Schon aus Sicht der Grundlagenforschung ist der Fund hoch interessant. Darüber hinaus kann er aber auch handfeste technologische Konsequenzen haben. Denn in Magnetwirbeln lassen sich Informationen speichern: Läuft der atomare Kreisverkehr rechts herum, steht er beispielsweise für die Binärzahl „0“, ist er linksdrehend, steht er für die „1“ – ein Prinzip, das in künftige Computerfestplatten Einzug halten könnte.

Schnellere Speicherung möglich

„Heute speichert man Daten durch die entsprechende magnetische Polung der Festplatten-Beschichtung“, erläutert Fiebig. „Auf dem Datenträger liegen viele Billionen dieser polbaren Bereiche hintereinander. Um sie zu beschreiben oder Informationen von ihnen zu lesen, benötigt man Magnetfelder.“ Problem dabei: Zum einen muss zur Erzeugung dieser Felder ein Strom fließen, wofür elektrische Ladungsträger in Bewegung gesetzt werden. Dies ist jedoch ein relativ langsamer Prozess. Zum anderen besteht bei der immer höheren Datendichte die Gefahr, dass die auslesenden Magnetfelder die gespeicherte Information zerstören.

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Prof. Fiebig mit seinen Mitarbeitern im Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik. Hier laufen momentan Experimente, um mit Hilfe der Magnetwirbel Daten zu speichern. © Frank Luerweg / Uni Bonn

Die atomaren Kreisverkehre haben diesen Nachteil nicht. Zwar sind in ihnen die Information ebenfalls „magnetisch“ gespeichert. „Die Drehrichtung der Wirbel lässt sich aber durch elektrische Felder verändern“, betont Fiebig. „Auch zum Auslesen benötigt man keine Magnetfelder, die die gespeicherten Daten irrtümlich überschreiben könnten.“ Ein weiterer Vorteil: Zur Erzeugung elektrischer Felder muss kein Strom fließen; die Speicherung kann also im Prinzip wesentlich schneller erfolgen.

Nächstes Ziel: Schreiben lernen

Fiebig ist vor einem guten Jahr vom Berliner Max-Born-Institut an die Uni Bonn gekommen. In Bonn fand auch die Auswertung der in Berlin gemessenen Daten statt, die nun zum Nachweis der Wirbel führte. „Bislang ist es uns allerdings nur gelungen, die Drehrichtung der Magnetwirbel zu lesen“, sagt der Physiker. In einem nächsten Schritt wollen seine Mitarbeiter und er nun auch gezielt Informationen schreiben. Außerdem suchen sie nach weiteren Materialien, die eventuell für zukünftige Massenspeicher in Frage kommen.

Die Festplatte der Zukunft werden Fiebig und sein Team aber sicher nicht bauen, wie er selbst betont: „Uns interessieren vor allem die Grundlagen des Phänomens und was sie über die Natur des Magnetismus verraten. Wenn daraus irgendwann eine technologische Anwendung entsteht, ist das natürlich umso schöner.“

(Universität Bonn, 11.10.2007 – NPO)

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