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Astronomie

Sonde löst Rätsel um Iapetus-„Doppelgesicht“

Sonne und Fremdmaterial schufen extrem dunkle Kruste

Der zweifarbige Saturnmond Iapetus © NASA/JPL

Der Mond Iapetus ist zweigeteilt: seine eine Hälfte ist schneeweiß, die andere nahezu schwarz. Aber warum? Die Raumsonde Cassini flog am 10. September 2007 in nur 1.600 Kilometern Entfernung am Mond vorbei und lieferte neue Daten, die das 335 Jahre alte Rätsel des kosmischen Januskopfes nun möglicherweise geklärt haben.

Das rätselhafte Aussehen des Saturnmondes Iapetus – seine eisige Heckseite ist fast so hell wie Schnee, die Vorderseite fast so dunkel wie Kohle – konnte seit der Entdeckung vor 335 Jahren durch den Astronomen Jean-Dominique Cassini nicht erklärt werden. Jetzt zeigen hochaufgelöste Bilder von Iapetus neue Details der Mondoberfläche, die eine Erklärung für die seltsamen hellen und dunklen Muster enthalten könnten. Sie wurden während des nahen Vorbeifluges der Raumsonde Cassini im letzten Monat gewonnen.

Auf der 39. Jahrestagung der Division for Planetary Sciences (DPS) der American Astronomical Society (AAS) in Orlando, Florida (USA) präsentierten die Mitarbeiter der Freien Universität Berlin Tilmann Denk und Nico Schmedemann aus der Arbeitsgruppe um Cassini-Imaging-Team-Mitglied Prof. Dr. Gerhard Neukum die wichtigsten neuen Erkenntnisse der Kamera-Beobachtungen.

Sonneneinfall entscheidend

Die Bilder zeigen, dass auf der hellen Rückseite des Mondes, besonders in den äquatorialen Regionen, dunkles Material Berghänge und Kraterwände bedeckt, welche in Richtung Äquator geneigt sind. Diese Beobachtung ist ein starkes Indiz dafür, dass die Sonneneinstrahlung eine wesentliche Ursache für das Verschwinden von hellem Oberflächeneis in diesen Bereichen der Oberfläche darstellt. Diese ursprünglich von einem Mix aus Eis und dunklem Material bedeckten Regionen enthalten jetzt nur noch dunkles Oberflächenmaterial, weil das Eis durch die Sonneneinstrahlung sublimiert (verdunstet) ist. Das dadurch bedingte Herabrutschen von dunklem Material an vielen Stellen ist dann möglicherweise die Ursache für die vielen beobachteten dunklen Kraterböden.

„Ein solcher Effekt wird in ganz anderem Zusammenhang auch auf der Erde genutzt“, sagt Tilmann Denk, Imaging Team Associate an der Freien Universität Berlin und zuständig für die gesamte Iapetus- Beobachtungsplanung der Cassini-Kamera. „Weinberge werden bei uns vor allem an Hängen angelegt, die nach Süden ausgerichtet sind, damit die Reben mehr Sonnenlicht erhalten.

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Derselbe Mechanismus wirkt auf Iapetus: Die dem Äquator zugewandten Berghänge erhalten mehr Sonnenlicht und somit Wärme, und dieser kleine Unterschied reicht interessanterweise aus, um das helle Oberflächeneis sublimieren zu lassen, sodass nur noch dunkles, eisfreies Material zurückbleibt.“ Dieser Effekt tritt selbst bei den dort herrschenden Temperaturen von rund minus 150 °C auf und lässt das Eis direkt ins Vakuum sublimieren, denn der Mond Iapetus hat keine Atmosphäre.

Fremdmaterial als Quelle der dunkeln Kruste?

Die Tatsache, dass dieser Prozess der thermalen Segregation auf der hellen Rückseite von Iapetus eine gute These darstellt, unterstützt einen zweigeteilten Erklärungsansatz: Der eine Teil wurde bereits vor 35 Jahren vorgeschlagen, der zweite hingegen erst vor kurzer Zeit von Wissenschaftlern des Cassini-Projekts. Demnach ist das Auftreffen von dunklem Material von außen auf Iapetus‘ Frontseite der Auslöser für eine leichte Abdunkelung und somit Temperaturerhöhung dieser Hemisphäre. Diese wiederum bedingt offensichtlich, dass Wassereis hier sublimieren kann und sich in anderen, kälteren Regionen niederschlägt.

Die durch den Eisverlust zunehmende Verdunklung der Oberflächen führt zu weiterer Erwärmung und somit zu verstärkter Sublimation, bis das gesamte Oberflächeneis verschwunden ist.

Dunkle Schicht nur wenige Meter dick

Die Beobachtung sehr kleiner heller Krater, die zum ersten Mal in den neuesten Cassini-Bildern sichtbar wurden, weisen auf Einschläge hin, deren Projektile durch die dunklen oberen Schichten hindurch in das helle darunter liegende Eis eingeschlagen sind. Sie ermöglichen so, die Mächtigkeit der dunklen Schicht abschätzen zu können. Sie beträgt im Mittel vermutlich nur wenige Meter, vielleicht sogar weniger als einen Meter.

Im Ergebnis bedeckt heute eine Schicht dunklen Materials aus sowohl iaptusfremdem wie auch iapetuseigenem Material die Front-Hemisphäre des Mondes. In den Bildern der Raumsonde Cassini kann dieser dunkle Materialmix der Front-Hemisphäre farblich von den dunklen Bereichen der Heckseite unterschieden werden, wie an der Freien Universität ausgeführte Arbeiten zeigten. Ungeklärt bleibt dabei bislang die Herkunft des iapetusfremden dunklen Materials. Potenzielle Quellen sind kleine Monde in großer Entfernung zu Saturn.

(Freie Universität Berlin, 09.10.2007 – NPO)

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